§ 14. Karl der Große- 768-814. 51
Verfassung stehenden Kaisers trat, dessen Wille überall zur Geltung ge¬
bracht wurde. Die obersten Hofbeamten waren der Pfalzgraf, der ihn
im höchsten Gericht, dem Hofgericht, vertrat, und der^MNer. ein
Geistlicher, der als Vorsteher der Kanzlei die Urkunden auszufertigen hatte.
Die einzelnen Teile des Reiches, wie Anstrasien, Burgund, Aquitanien und
Italien, waren nicht innig miteinander verschmolzen, selbst die einzelnen
Stämme, wie Sachsen, priesen. Bavern, Alamannen, erfreuten sich insofern
einer gewissen Selbständigkeit, als jeder von ihnen nach seinem alten
Rechte lebte. Doch wurde die Herzoaswürde, die der Reichseinheit so oft
gefährlich geworden war, aufgehoben und das ganze Reich jn, ßimie
geteijt, die wieder in Hundertschaften mit je hundert oder mehr Ge-
m ein den zerfielen. Den Gau verwaltete der vom Könige berufene Graf;
er war zugleich oLexjterMchter und höchster militärischer Befehlshaber.
Auch in den geistlichen Gebieten wurde damit ein Laie, der Voat sadvo-
catus), beauftragt. Unter dem Grafen stand als Verwalter der Hundert¬
schaft der Zentenar (in Sachsen Gograf genannt); die Hundertschaft
bildete den ergenttichen GeriffiMrenggC wMreM ~bte Gemeinde nur einen
wirtschaftlichen Mrband mit Selbstverwaltung darstellte. Noch größere
Vollmacht als die Grafen hatten die Markgrafen. Sie verwalteten eine
Mark, d. i. ein jenseit der ursprünglichen Reichsgrenze auf erobertem Boden
gelegenes Gebiet, und waren berechtigt, zu seinem Schutz die dort an¬
gesiedelte wehrfähige Mannschaft und selbst den Heerbann der anstoßenden
Gaue aufzubieten. Um die Verwaltung besser überwachen zu können,
hatte Karl keinen festen Wohnsitz, sondern sah überall selber nach; als
ihm aber das Alter und die sich mehrenden Geschäfte dies unmöglich
machten, sandte er seit 802 in die einzelnen Gaue Sendorafen, meistens
einen weltlichen und einen geistlichen, die an Königs Statt die Vasallen
sowie die weltlichen und geistlichen Beamten zu einem Landtage entboten,
Beschwerden entgegennahmen und Gericht hielten. iSend — synodus. nicht
von Jenjim.) Im Frühjahr berief Karl meistens in Verbindung mit der
großen Heer sch an des Maifeldes die weltlichen und geistlichen Großen zu
einem Reichstage, auf dem das Wohl des Reiches beraten wurde. Die
Beschlüsse wurden aufgezeichnet und hießen wegen ihrer Einteilung in
Kapitel Kapitularien *. Zur Vorberatung der Vorlagen berief Karl
im Herbst nur wenige vertraute Große. In den Kapitularien erhiel¬
ten die Deutschen das erste gemeinsame Recht, Einzelne Volksrechte waren
damals bereits gesammelt; doch wurden die Rechte der Friesen, der
Sachsen und der Thüringer erst unter Karl dem Großen aufgezeichnet.
Die kirchliche Verwaltung ordnete Karl in der T§eise/ datzm
Deutschland die Bistümer m_Mcmu, Cöln. Trier und Salzburg als
Erzbistümer anerkannt, die übrigen ihnen untergeordnet wurden. Die
Ernennung der Bischöfe lag ganz in seiner Hand.
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