Carlisten und Christinos.
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leicht zu unterdrücken waren; in ganz Spanien standen sich bald
Moderados, welche gemäßigte constitutiouelle Zustände wollten,
und Exaltados, welche die Verfassung vom Jahre 1812 ver¬
langten, entgegen. Christine, deren Ansehen auch durch ihre Hab¬
sucht und durch ihre Verheirathung mit einem Kammerherrn Munoz
(seitdem Herzog von Rianzares) geschmälert wurde, sah sich zu
Gewaltmaßregeln genöthigt, erklärte Madrid in Belagerungszustand
und löste die Nationalgarde auf. Da wurde sie in La Granja
durch aufrührerische Bürgermilizen zur Aenderung dieses Regiments
und zur Einführung der Verfassung vom Jahr 1812 genöthigt;
da sie aber dennoch mit Hülfe der neuberufenen Kammern die
Wünsche der Radicalen zu hintertreiben wußte, wurde sie von diesen
gezwungen, deren Anführer Espartero zum Ministerpräsidenten zu
ernennen. Christine, durch dessen Forderungen gekränkt, legte die
Regentschaft nieder und begab sich nach Frankreich (1841). Die
Herrschaft des neuen Regenten Espartero, welcher sich besonders
der heimlichen Unterstützung Englands erfreute, war jedoch nicht
von langer Dauer. An mehreren Orten, besonders in Barcelona
und in Madrid selbst, erhoben sich Ausstände, deren blutige Unter¬
drückung ihn verhaßt machte. Ein christinischer General, Narvaez,
landete in Valencia, rückte mit einem bedeutenden Heer nach
Madrid und nahm die Hauptstadt ein, während Espartero sich nach
Cadiz begab und von da bald nach England flüchtete (1843). Die
junge Königin Jsabella wurde jetzt für volljährig erklärt, die
Königin-Mutter Christina aber nach Spanien zurückgerufen. Die
Verfassung wurde zu Gunsten der königlichen Macht wieder um¬
geändert, die Volksfreiheiten, für welche übrigens Spanien durch¬
aus nicht reif war, sehr beschränkt, und alle Aufstandsversuche im
Keime unterdrückt. Der Einfluß Ludwig Philipps feierte seinen
größten Triumph durch die sogenannte spanische Doppelheirath; er
wußte es nämlich gegen den Willen der übrigen Cabinette, besonders
Englands, mit Hülse der Marie Christine durchzusetzen, daß die
Königin Jsabella einen ganz unbedeutenden, unfähigen Prinzen,
ihren Vetter Don Francisco von Assisi heirathete, ihre jüngere
Schwester aber Ludwig Philipps Sohn, den Herzog von Mont-
pensier. Diese Heirathen wurden die Quelle vieler neuer In¬
triguen, da die junge Königin mit ihrem Gemahl nicht glücklich
lebte. Merkwürdigerweise blieb Spanien von den Erschütterungen
des Jahres 1848 unberührt, ohne darum zu einem consolidirten Zu¬
stande zu gelangen. Zwar zeigte Narvaez, welcher nach Espartero's