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die gewöhnliche Geschwindigkeit eines guten Pferdes, die es ohne Schaden
mehrere Stunden nacheinander fortsehen kann, ist immer schon beträcht—
lich genug und für uns in vielen Fällen ausnehmend wichtig. Unter
unsern Haustieren kann kein anderes in dieser Hinsicht seine Stelle
ersetzen. Auch in Ausehung der Stärke behauptet es diesen Vorzug
Der Ochs ist zum Ziehen und nicht zum Tragen, der Esel zum Tragen
und nicht zum Ziehen geschickt; beide Eigenschaften sind im Pferde
vollkommen vereinigt. Ein englisches Zugpserd zieht 1500 bis
2000k8, und ein hutes Lastpferd trügt 10048, eine Last, die selbst
kleinen Kamelen zu schwer sein würde — Mit der Stärke vereint
es Herzhaftigkeit und kriegerischen Mut. Es ist das einzige Tier
auf dem Erdboden, das muten im Getümmel der Schlacht weder flieht
noch in wilde Wut gerät. Wie unerschrocken ist es im Feuer und
Pulverdampfe, wie heldenmütig bei Verwundungen!
Was wäre aus dem menschlichen Verkehr geworden zu einer Zeit,
als der Mensch noch nicht gelernt hatte, an seinen Wagen Flügel des
Dampfes zu fpannen, wäre das Pferd nicht gewesen? Das Dasein
des Pferdes ist mit der menschlichen Bildung auf das innigste verknüpft;
aber auf kein anderes Tier hat auch die Bildung und Erziehung des
Menschen so eingewirkt wie auf das Pferd, und man kann wohl sagen,
daß der Mensch erst dem Pferde die Schönheit gegeben hat durch
anhaltende Pflege und Zucht. Soll das Pferd gedeihen und zur
Vollkommenheit gelangen, so muß es mit aller Sorgfalt abgewartet
werden. Vor allem liebt es die Reinlichkeit; es muß daher täglich
gestriegelt und gebürstet werden. Auch legt man ihm im Stalle nicht
lur eine wollene Decke gegen den Staub auf, sondern auch dann,
wenn es einen erhitzenden Weg gemacht hat, um es vor Erkältung
zu schützen Der Stall und die Krippe müssen immer rein sein, und
ebenso ubtig ist frisches, reines Wasser zum Getränk. Durch Lob
und gute Worte läßt sich das Pferd weit besser regieren als durch
Schellen und Schlagen. Die Trägheit und Störrigkeit des Ochsen oder
des Esels ermüdet den Arm des Treibers; das Pferd gehorcht dem Worte,
dem Winke, dem leisesten Druck mit dem Fuße oder der Hand. Harte
Behandlung macht es störrisch, tückisch, scheu und bringt Fehler hervor,
die in der Folge schwerer zu heilen sind als manche Gebrechen des
Körpers. Dagegen ist es dem sehr dankbar, der es freundlich pflegt,
und hängt ihm mit aller Treue an. Es erkennt seinen ehemaligen
Herrn oder den Knecht, der es gewartet hat, nach vielen Jahren
beim ersten Blick wieder, läuft auf ihn zu, wiehert ihn an, leckt ihn
und bezeugt eine gar innige Freude Es ließe sich vieles erzählen
von der rührenden Treue des Pferdes mit welcher es seinem Herrn
bis zum Tode ergeben ist und von welcher auch die Dichter ge—
sungen haben.