167. CyNls. Von Otto Willmann.
^ll'styages, der König von Medien, hatte eine Tochter namens Mandane.
Da träumte ihm, sie öffne eine Quelle, deren Flut alsbald ganz
Asien überspülte. Als er den Traum den Magiern ansagte, legten sie
ihn zu seinen Ungunsten aus. Daher gab er Mandane keinem Meder,
noch einem Ebenbürtigen zur Ehe, sondern einem Perser mit Namen
Kambyses, der aus vornehmem Hause und friedlicher Gesinnung war.
Als nun Mandane die Gattin des Kambyses geworden war, sah Astyages
ein anderes Tranmgesicht. Er träumte, seine Tochter pflanze einen Wein¬
stock, der sich über ganz Asien ausbreite. Und als er dieses Gesicht aber¬
mals den Magiern mitteilte, weissagten sie, seiner Tochter Sohn werde
König werden an seiner Statt. Da ließ er sie aus Persien kommen, um
ihr Kindlein zu töten.
Er übergab es Harpagus, seinem Vertrauten, der alle Geschäfte ver¬
waltete, auf daß der es umbringen ließe. Harpagus ging darauf ein, gab
aber aus Vorsicht das Kind nicht einem von seinen Leuten, sondern einem
Rinderhirten des Astyages, der es in dem wildesten Gebirge aussetzen
sollte. Als des Hirten Weib jedoch sah, welch starkes und schönes Kind
es war, fiel sie mit Tränen ihrem Manne zu Füßen und bat, es doch
nicht auszusetzen. Er tat ihr nach Willen, das Hirtenweib behielt den
Knaben und zog ihn groß wie ihr eigenes Kind.
Aber als der Knabe zehn Jahre alt geworden, kam auf folgende
Weise ans Licht, wer er war. Er spielte einst in dem Dorfe mit andern
Knaben gleichen Alters am Wege, und im Spiele wählten sie den ver¬
meintlichen Sohn des Rinderhirten zu ihrem König. Da wies er jedem
ein Geschäft zu: die einen mußten Häuser bauen, die andern Lanzen¬
träger sein, diesen machte er zu seinem Späher, jener bekam das Amt,
Botschaften zu tragen.
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