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und der freudigen Ernte schmückte," erzählte der Pfarrer. „Manches
liebe Wort habe ich mit dem ebenso frommen als verständigen und
allezeit freundlich-milden Greise geteilt, der einzige Jahre, nachdem ich
mein Amt hier angetreten, im Kreise seiner Kinder und Enkel sanft
entschlief. In einer Stunde traulichen Beisammenseins, wo ich so
recht in sein treues, gutes Herz schaute, habe ich von ihm die Geschichte
der Inschrift seines Hauses vernommen." — Und aufmerksam horchte
ich nun den Worten des würdigen Geistlichen.
„Es ist lange her," begann er, „in der schlimmen französischen /
Zeit war es, wo Drangsal und Elend namentlich auf diesen Gegenden
schwer lastete und unaufhörliche Kriegsfuhren und Lieferungen von
Korn, Vieh und anderen Dingen den Landmann fast zu Boden
drückten und manchen an den Bettelstab brachten. Da trat in der
Frühe eines schönen Frühlingstages der junge Bauer Valentin aus
einem alten, verfallenen Hause, das dort stand, wo sich jetzt das Haus
mit dem^schönen Spruche erhebt. Einen Quersack mit Getreide auf der
Schulter, schritt er langsam den Ackern zu. Wer ihn ansah mit seinem
trüben Auge und seiner bleichen, sorgenvollen Miene, der mußte
wohl merken, daß diesem Manne ein schwerer Kummer auf der Seele
lag, vor dem Freudigkeit und Mut entschwunden waren. Die Strahlen
der höher steigenden Sonne scheuchten die leichten Nebel hinweg,/die
sich hier und da noch an dem fernen Walde hinzogen; die Tautropfen'
funkelten freundlich an den Gräsern, und die warme Frühlingsluft
strich belebend über die mit den ersten Blumen sich schmückende Flur.
Das alles war für ihn nicht da; in tiefe Gedanken versunken, hatte er
kein Auge für das, was um ihn her vorginge Er kapr auf sein Feld.
Vergebens grüßten ihn die zarten Blättchen der Hecke, die es einfaßte;
vergebens sang ihm ein früh heimgekehrtes Rotkehlchen auf einem
ihrer Zweiglein fröhlich ein Willkommen entgegen; und doch hatte
er sonst so gern den Boten des Frühlings gehorcht, U
Beim Anblick des fruchtbaren Bodens, den der Pflug aufgewühlt
hatte, und der nun die Saat empfangen sollte, kehrten seine jGedanken
zur Außenwelt zurück. Seine Hand griff in den Sack, um den Weizen
auszustreuen. Aber er mußte innehalten, die Traurigkeit übermannte
ihn. Mit banger Sorge sah er in die Zukunft. Sein kleines Besitz¬
tum hatte er schon stark verschuldet von seinem seligen Vater über¬
nommen; im Herbste hatte er das letzte Geld darauf angeliehen, um
seine Abgaben bezahlen zu können. Zur Wintersaat war es damals
auch bei ihm wie bei vielen anderen in diesen Kriegsnöten nicht
gekommen. Schwer, sehr schwer hatte er sich mit den Seinigen durch