Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

Gansberg: Das Dachfenster. Scharrelmann: Piddl Hundertmark. 63 
nur abgebrochen ist? dachte er weiter,- im Winter sitzen doch keine grünen 
Blätter mehr auf den Bäumen! vielleicht hat es auf einer Blume gesessen, 
die in der Stube hinterm Zensier stand,- ein unvorsichtiges Rind hat es 
abgestoßen, dann wurde reingemacht, und der Wind trug es hinaus in 
die Luft. — Erzähl' mir doch, wo willst du hin? — Aber der Wind fing 
wieder an zu heulen — husch, war das Blättchen fort. Wie wird's ihm 
gehn? — Eine Stiege setzte sich auf sein Zensier. Oie wollte wohl herein; 
der Wind treibt sie ja vor sich her, daß sie sich nicht dagegen wehren kann. 
Wie er ihre Zlügel hochklappte, als wollte er sie schon wieder weiter¬ 
schleppen ! Aber sie hielt sich tüchtig fest — ad), die können sich festhalten, 
die können ja an den glatten Zensterscheiben in die höhe laufen,- ja, die 
können sogar an der Stubendecke laufen und fallen doch nicht herunter. 
Nun kam wieder der Wind — hui, klappten die Zlügel wieder hoch wie 
die Mäntel und Nöcke bei den Menschen. Aber die Zliege war nicht dumm 
— sie drehte sich gegen den Wind, da mußte er ihre zarten Zlügel in Nutze 
lassen, und sie konnte sie sich mit den Hinterbeinen wieder glatt streichen. 
Oann kroch sie unter den Eisenrahmen vom Zensier und saß nun ganz 
still und geschützt. — Ein dicker Regentropfen klatschte auf das Zensier. 
Er kam so schnell angesegelt, daß er noch weit über das Glas hinglitschte 
und einen kleinen Strich über das Zensier zog. Ja, so, wie der Strich zeigt, 
so weht der Wind — der Regentropfen muß es doch wissen. Aber der 
Strich blieb nicht so — das Zensier war ja schräg, da lief in dem Strich 
eine dicke Rugel zusammen, daß er aussah genau wie ein Romma. Aber 
die Rugel wurde dicker und dicker, und auf einmal bog der Tropfen ab und 
lief über die Glasscheibe, als liefe eine Träne über ein Gesicht, bis er am 
Rande verschwand. Gb er wohl bis in das Regenfaß hinunterkommt? 
Auf einmal hörte Heini die Wasserleitung rauschen. Ei, es ist Zeit! 
heut ist es ja Sonntag, das ist fein! Und mit einem Satz war Heini aus 
dem Bette. 
30. pi-dl hundertmark. 
Aus Wilhelm Scharrelmann, Piddl Hundertmark. 
piddl hundertmark hieß er. Gewiß, sein Vorname paßte akkurat. 
Aber die hundert Mark in seinem Namen waren der reinste hohn. Es 
wäre ihm nicht ein roter heller aus den Taschen gefallen, wenn man ihn 
auf den Ropf gestellt und ausgeschüttelt hätte wie ein leeres Portemon¬ 
naie. Dabei sah er aus, als wenn ihn der liebe Herrgott in einer lang¬ 
weiligen Stunde aus einem alten Stück holz geschnitzt hätte, um auch ein- 
Paldamus, Lesebuch für Hamburg. Serta. 6
	        
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