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IV. Sagen.
besänne er sich, auf wen er zuerst zielen sollte. Endlich nach kurzem
Verzüge schwang er mit aller Kraft, die der Zorn ihm gab, den Speer
gegen Perseus; aber er tat einen Fehlwurf, und die Waffe blieb im
Polster hängen. Jetzt fuhr Perseus vom Lager empor und schleuderte
seinen Spieß nach der Türe, durch die Phineus eingedrungen war,
und er würde die Brust seines Todfeindes durchbohrt haben, wenn
dieser sich nicht mit einem Sprunge hinter den Hausaltar geflüchtet
hätte. Das Geschoß hatte die Stirne eines seiner Begleiter getroffen,
und jetzt kam das Gefolge des Eingedrungenen mit den längst von der
Tafel aufgestörten Gästen ins Handgemenge. Lang und mörderisch
war der Kampf; aber der Eingebrochenen war die Mehrzahl. Zuletzt
wurde Perseus, an dessen Seite sich umsonst die Schwiegereltern und
die Braut schutzflehend stellten, von Phineus und seinen Gesellen um¬
ringt. Die Pfeile flogen an ihnen von allen Seiten vorbei, wie Hagel¬
körner im Sturme. Perseus hatte die Schultern an einen Pfeiler
gelehnt und sich so den Rücken gedeckt. Von da zur Heerschar der
Feinde gewendet, hielt er den Anlauf der Feinde ab und streckte einen
um den andern nieder. Erst als er sah, daß die Tapferkeit der Menge
erliegen müsse, entschloß er sich, das letzte, aber untrügliche Mittel,
das ihm zu Gebote stand, zu gebrauchen. „Weil ihr mich genötigt
habt," sprach er, „will ich mir die Hilfe bei meinem alten Freunde
holen! Wende sein Antlitz ab, wer noch mein Freund ist!"
Mit diesen Worten zog er aus der Tasche, die ihm immer an
der Seite hing, das Gorgonenhaupt und streckte es dem ersten Gegner
entgegen, der jetzt eben auf ihn eindrang. „Suche andere," rief dieser
verächtlich beim ersten flüchtigen Blicke, „die du mit deinen Gaukeleien
erschüttern kannst." Aber als seine Hand sich heben wollte, den Wurf¬
spieß abzusenden, blieb er mitten in dieser Gebärde versteinert wie
eine Bildsäule. Und so widerfuhr es einem nach dem andern. Zuletzt
waren nur noch zweihundert übrig. Da hub Perseus das Gorgonen¬
haupt hoch in die Luft empor, daß alle es erblicken konnten, und ver¬
wandelte die zweihundert auf einmal in starres Gestein. Jetzt erst be¬
reute Phineus den unrechtmäßigen und unvernünftigen Krieg. Rechts
und links erblickt er nichts als Steinbilder in der mannigfaltigsten
Stellung. Er ruft seine Freunde mit Namen, er berührt ungläubig
die Körper der Zunächststehenden; alles ist Marmor. Entsetzen faßte
ihn, und sein Trotz verwandelte sich in denlütiges Flehen. „Laß mir
nur das Leben, dein sei das Reich und die Braut!" ries er und kehrte
sein verzagendes Angesicht seitwärts. Aber Perseus, über den Tod
seiner neuen Freunde erbittert, kannte kein Erbarmen. „Verräter,"
schrie er zornig, „ich will dir für alle Ewigkeit ein bleibendes Denk¬
mal in meines Schwähers Hause stiften!" Und so sehr Phineus be-