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141. Der Kuckuck. 
Der Kuckuck ist ein ga^ scheuer und unruhiger Vogel; deshalb gelingt es 
selten, sich ihm auf Sehweite zu nähern. Dazu ist sein Gefieder sehr unschein¬ 
bar und ohne jedes auffallende Kennzeichen, oben aschgrau, unten weißlich 
mit braunen Wellenlinien. Der Vogel hat die Größe einer Turteltaube, nur 
längeren Schwanz und längere Flügel. Den Schwanz trägt er hoch, die 
Flügel läßt er hängen. Sein Flug ist rasch, geht aber meist nur von einem 
Baum zum andern. Die kurzen, gelben Füße haben eine Außenzehe, die sich 
nach hinten wenden läßt. Seine Nahrung besteht in Insekten; merkwürdiger¬ 
weise bevorzugt er gerade die haarigen Raupen, die von den meisten andern 
Vögeln verschmäht werden, vor allen die schädliche Prozessionsraupe. 
Mitte April, wenn die Erlenbäume anfangen zu grünen, erschallt zuerst 
sein willkommener Ruf und verkündet den Frühling. Gegen Anfang Juli 
wird der Vogel stiller, und bald hört man ihn gar nicht mehr, obwohl er 
erst im August seinen Zug nach dem Süden antritt. Er wählt sich im Walde 
die dichtesten Stellen zum Aufenthalt; erst wenn ihm dort die Nahrung aus¬ 
geht, läßt er sich auch aus Wiesen und am Wasser blicken. 
Der Kuckuck hat eine ganz absonderliche Unart: er brütet seine Eier nicht 
selbst nus, sondern legt sie einzeln in die Nester anderer Singvögel. Das 
Kuckucksweibchen beobachtet lange aus der Ferne das ausgewählte Nest. 
Kaum hat es gesehen, daß die Vögel daraus ausgeflogen sind, so kommt »s 
pfeilschnell herzu, wirft einige Eier aus dem Neste und legt sein eigenes Ei 
hinein, ohne sich nachher noch im geringsten um dasselbe zu kümmern. Die 
Eier des Kuckucks sind sehr klein, kaum größer als Sperlingseier. Es ist, als 
wären sie dazu bestimmt, von einem kleineren Vögelchen ausgebrütet zu 
werden. Der Vogel, dem das Kuckucksei ins Nest gelegt worden ist, scheint 
anfangs nichts davon zu merken. Aber wenn der junge Kuckuck ausgekrochen 
ist und heranwächst, so richtet er in dem fremden Nest die größte Verwirrung 
an. Größer und stärker als seine Stiefgeschwister und dabei von fast uner¬ 
sättlicher Freßgier, schnappt er diesen alle Nahrung weg, welche ihnen die 
Mutter zuträgt. Nicht selten drängt er sogar die rechten Kinder aus ihrem 
eigenen Hause. 
Wie kommt es wohl, daß die Frau Kuckuck ihre Kinder fremder Pflege 
anvertraut? — Sie legt ihre Eier in sehr großen Zwischenräumen, innerhalb 
sechs oder sieben Wochen nur vier bis sechs Stück. Wollte sie diese selbst aus¬ 
brüten, so würde sie damit und mit dem Auffüttern der Jungen ein volles 
Vierteljahr zu thun haben, und die ersten Eier würden schon faul sein, ehe 
noch das letzte gelegt wäre. Deshalb baut sich der Kuckuck nicht sein eigenes 
Nest.
	        
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