I. Erzählungen.
einen Augenblick den Sturm, und als das Hoch auf unsern Kaiser
verklang, da brach das Schiff auseinander, und die Wogen verschlangen
den tapferen Kommandanten und alle, die um ihn standen.
Unentwegt lag indessen der Ober-Feuerwerksmaat Raehm seiner
Pflicht ob, vom Vorschiff aus Raketen abzubrennen, um damit Hilfe
herbeizurufen. Als alle Mittel umsonst erschöpft waren, da stimmte
er mit dem Reste der Leute das deutsche Flaggenlied an, und singend,
wie vor zweitausend Jahren unsere Vorfahren, so gingen sie in den
letzten Todeskampf, bis einer nach dem andern von den gierigen Wellen
hinweggespült wurde, Helden vom jüngsten bis zum ältesten. Nur elf
Mann der Besatzung wurden gerettet, die anderen einundsiebzig ruhen
jetzt am Vorgebirge Schantung, und ein Obelisk aus Marmor zeigt
den dorthin kommenden Brüdern, wo die tapferen Männer begraben,
wurden.
2. Deutsche Helden vor den Taku-Forts.
Dort, wo der Peiho seine dunkelgefärbten Fluten träge in das
Gelbe Meer schiebt, drohten bis vor kurzer Zeit den Fremden massige,
stark mit Kanonen versehene Festungen, die Taku-Forts. Weiter den
Strom hinauf liegen die Riesenstädte Tientsin und Peking. Meilenweit
nach See hinaus hat der Fluß seit Jahrhunderten seine Schlammmassen
abgelagert und das Meer unschiffbar gemacht. Es ist so flach geworden,
daß nur kleine Schiffe einlaufen können; und das wollten die Chinesen,
deshalb fühlten sie sich sicher in ihren Festungen und übten Greuel
und Mord an Europäern und einheimischen Christen.
Um diese Schandtaten zu rächen, hatten sich die verbündeten
Europäer und Japaner im Jahre 1900 aufgemacht und einige tausend
Mann als Strafexpedition nach Peking entsendet. Diese Truppen aber
waren zu schwach, sie mußten unter schweren Verlusten über Tientsin
zurück. Die Taku-Forts aber waren noch in den Händen der Chinesen,
sodaß die ganze Expedition vernichtet werden konnte. Die Festungen
mußten also genommen werden, es mochte kosten, was es wollte.
Rur sechs Kanonenboote, unter ihnen der neuerbaute deutsche
„Iltis", mußten den Angriff wagen, während gelandete Seeleute unter
dem deutschen Kapitän z. S. Pohl auf ein gegebenes Zeichen von
Land aus stürmen sollten. In der Nacht vom 16. zum 17. Juni be¬
gannen die Chinesen den Kampf, und die Kanonenboote nahmen sofort
die Beschießung des starken Gegners auf. Der ungleiche Kampf dauerte
die ganze Nacht. Die Chinesen schossen gut, aber unsere Leute schossen
besser, und als der helle Tag hereinbrach, schwieg manche feindliche
Kanone. Aber auch auf den Schiffen der Verbündeten sah es nicht
mehr zum besten aus. Auf dem „Iltis" waren bereits zwei Kanonen
zerstört, und mancher brave Seemann hatte sein Leben ausgehaucht.