Full text: [Teil 2 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 2 = Sexta, [Schülerband])

Spieß u. Beriet: Kriemhild wird Etzels Weib u. nimmt Rache f. Siegfrieds Tod. 85 
samt dem Königspaar abziehen wollten. Kaum waren sie ins Freie 
gelangt, so brach der Kampf von neuem los und nicht lange, so waren 
alle Hunnen erschlagen. Die Burgunden ruhten über den Leichnamen 
vom Streit aus und begehrten freien Abzug; er wurde ihnen unter 
der Bedingung zugestanden, daß sie Hagen an Kriemhild ausliefern 
sollten. Dessen weigerten sie sich aber; denn jeder wollte die Treue 
dem Genossen halten. 
Da ließ Kriemhild die Ausgänge des Gebäudes mit Bewaffneten 
besetzen und an dessen Ecken Feuer anlegen. Rauch und Hitze, sowie 
die von dem Dache herabstürzenden Brände brachten die Burgunden in 
große Not, doch behaupteten sie sich bei jedem weitern Ansturm der Hunnen. 
4. Untergang der Burgunden und Kriemhilds Ende. 
Am Morgen forderte König Etzel den Markgrafen Rüdiger auf, 
gegen die Nibelungen zu streiten; dieser aber weigerte sich und wollte 
lieber alle ihm vom Könige verliehenen Ländereien zurückgeben. Da 
erinnerte ihn Krienrhild an den früher geleisteten Eid, ihr gegen alle Feinde 
beizustehen. Gebrochenen Herzens waffnete sich der Held und ging mit 
seinen Mannen in den Kampf. Hagen zeigte ihnl den Schild, den er 
von Rüdigers Hand einst zum Gastgeschenk erhalten, und sprach: 
„Sehet, wie er zerhackt ist und mich nicht mehr schützen kann!" Da 
nahm Rüdiger den eigenen Schild von: Arme und reichte ihn dem 
Helden. Hagen und Volker schwuren laut, den edlen Markgrafen im 
Gefecht zu schonen; aber er fiel bald im Gewühle nebst allen feinen 
Rittern. Auch sämtliche Burgunden wurden erschlagen bis auf Hagen 
und den König Günther. Diesen beiden bot Dietrich von Bern, der 
endlich auch am Streite teilgenommen hatte, Frieden, wenn sie sich 
ergeben wollten; allein sie taten es nicht. Dietrich kämpfte jetzt mit 
Hagen, schlug ihm eine tiefe Wunde und führte ihn gefangen zu der 
Königin. Auch Günther wurde von Dietrich bezwungen und gefesselt 
in einen Kerker gebracht. 
Kriemhild gelobte, Hagen das Leben zu schenken, wenn er ihr 
sage, wo der Hort verborgen läge; aber er erwiderte, er habe ge¬ 
schworen, das Geheimnis zu bewahren, solange noch einer seiner Herren 
am Leben wäre. Da sendete sie in Günthers Kerker und ließ den 
Bruder enthaupten. „Und nun", sprach Hagen, „sollst du, Teufelin, 
nimmermehr den Ort erfahren, den außer mir nur Gott weiß." Da 
hob Kriemhild Siegfrieds Schwert und schlug dem Gefesselten den 
Kopf ab. Nun aber sprang der alte Hildebrand, Dietrichs Waffen¬ 
meister, im Zorn auf, schwang das Schwert, und mit einem gräßlichen 
Schrei sank Kriemhild, von seinem Streiche getroffen, neben dem 
Leichnam ihres Todfeindes entseelt nieder.
	        
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