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VI. Aus der Erd- und Völkerkunde.
niag. Aber bald merkt man doch, daß es nicht eine einzige, in die
schwarze Ewigkeit hinablaufende Leiter ist, sondern daß es mehrere von
fünfzehn bis zwanzig Sprossen sind, deren jede auf ein kleines Brett
führt, worauf man stehen kann, und worin wieder ein neues Loch nach
einer neuen Leiter hinableitet. Ich war zuerst in die Karolina gestiegen.
Die Leitersprossen sind kotig naß. Und von einer Leiter zur andern
geht's hinab, und der Steiger voran, und dieser beteuert immer, es sei
gar nicht gefährlich, nur müsse man sich mit den Händen fest an den
Sprossen halten und nicht nach den Füßen sehen und nicht schwindlig
werden und nur beileibe nicht auf das Seitenbrett treten, wo jetzt das
schnurrende Tonnenseil herausgeht, und wo vor vierzehn Tagen ein un¬
vorsichtiger Mensch hinuntergestürzt und leider den Hals gebrochen. Da
unten ist ein verworrenes Rauschen und Summen, inan stößt beständig
an Balken und Seile, die in Bewegung sind, um die Tonnen mit ge¬
klopften Erzen oder das hervorsickernde Wasser heraufzuwinden. Zuweilen
gelangt man auch in durchgehauene Gänge, Stollen genannt, wo man
das Erz wachsen sieht, und wo der einsame Bergmann den ganzen Tag
sitzt und mühsam mit dem Hammer die Erzstücke ans der heraus¬
klopft. Bis in die unterste Tiefe, wo man, wie einige behaupten, schon
hören kann, wie die Leute in Amerika „Hurra" schreien, bin ich nicht
gekommen; unter uns gesagt, dort, bis wohin ich kam, schien es mir
bereits tief genug: — immerwährendes Brausen und Sausen, unheim¬
liche Maschinenbewegung, unterirdisches Quellengeriesel, von allen Seiten
herabtriefendes Wasser, qualmig aufsteigende Erddünste, und das Gruben-
licht immer bleicher hineinflimmernd in die einsame Nacht. Wirklich, es
war betäubend, das Atmen wurde mir schwer, und mit Mühe hielt ich
mich an den glitscherigen Leitersprossen. Ich habe keinen Anflug von
sogenannter Angst empfunden; aber, seltsam genug, dort unten in der
Tiefe erinnerte ich mich, daß ich im vorigen Jahre ungefähr um 'dieselbe
Zeit einen Sturm auf der Nordsee erlebte, und ich meinte jetzt, es sei
doch eigentlich recht traulich angenehm, wenn das Schiff hin und her
schaukelt, die Winde ihre Trompeterstückchen losblasen, zwischendrein der
lustige Matrosenlärm erschallt, und alles frisch überschauert wird von
Gottes lieber, freier Lust. Ja, Luft! — Nach Lust schnappend, stieg ich
einige Dutzend Leitern wieder in die Höhe, und mein Steiger führte
mich durch einen schmalen,. sehr langen, in den Berg gehauenen Gang
nach der Grube Dorothea. Hier ist es luftiger und frischer, und die
Leitern sind reiner, aber auch länger und steiler als in der Karolina.
Hier wurde mir auch besser zu Mute, besonders da ich wieder Spuren
lebendiger Menschen gewahrte. In der Tiefe zeigten sich nämlich wan¬
delnde Schimmer; Bergleute mit ihren Grubenlichtern kamen allmählich