Full text: [Bd. 5 = Kl. 5, 6. Schulj, [Schülerband]] (Bd. 5 = Kl. 5, 6. Schulj, [Schülerband])

lockerte den Boden ringsumher und umgab es mit Dornen, um das 
Vieh davon abzuhalten. 
„Sieh," sprach der Vater, „ich liebe das Bäumchen, um der ver¬ 
borgenen Lebenskraft willen, die in ihm liegt. Und darum pfleg' 
ich sein, aus daß die verborgene Kraft in ihm wachsen und gedeihen 
könne." — 
Im Beginn des folgenden Frühlings führte der Vater den Knaben 
wieder zu dem Bäumchen. Er hatte ein Reis von einem andern Obst¬ 
baum geschnitten. Jetzt nahm er sein Messer und tat einen kräftigen 
Schnitt, so daß die Krone des Bäumchens zur Erde fiel. „O weh!" 
rief der Knabe und erschrak. „Nun ist ja alle Mühe vergebens!" 
Der Vater aber lächelte und pfropfte das mitgebrachte Reis ans 
den Stumpf des Bäumchens und verband alles sorgfältig. Darauf 
sprach er: „Sieh, wäre das Stämmchen im Walde geblieben, so würd' 
es schief und knorrig, wie der Zufall es gab, aufgewachsen sein und 
niemals eßbare Frucht gebracht haben. Aber ich habe sein Wachstum 
und seine innere Kraft geleitet. Ehe der Frühling in seiner vollen 
Kraft erscheint, habe ich dem Bäumchen das Edlere gegeben, damit 
es hierauf seine sprossende Kraft richte und künftig liebliche Blüten 
und Früchte trage." — 
Bald breitete nun das Bäumchen seine Zweige und Äste aus 
und war lustig anzusehen. Denn es trug Knospen und Blüten, und 
im Herbst neigten sich die Zweige unter vielen goldgelben und röt¬ 
lichen Äpfeln. 
„Was meinst du nun?" fragte darauf der Vater den Knaben. 
„O," antwortete dieser mit Freuden, „es ist ein liebes und dank¬ 
bares Bäumchen geworden." 
„Sieh," fuhr der Vater fort, „wie es die vollen Aste dir ent¬ 
gegenstreckt! Nun, ich schenk' es dir, Wilhelm. Es soll von nun an 
dir gehören. Es hat jetzt seine Bestimmung erreicht." 
64. ££HCMQTÖfiC+ Von Abraham Emanuel Fröhlich. 
1. Die Pappel spricht zum Bäumchen: 
„Was machst du dich so breit 
mit den geringen Pfläumchen?" 
2. Es sagt: „Ich bin erfreut, 
daß ich nicht bloß ein Holz, 
nicht eine leere Stange!" 
3. „Was!" ruft die Pappel stolz, 
„ich bin zwar eine Stange, 
doch eine lange, lange!"
	        
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