IV
Gebrüder Grimm, welche in das Buch Aufnahme gefunden haben, ist nichts geändert
worden: es wäre Sünde, an der edlen Einfalt, mit der diese echten Kenner der Jugend
geschrieben haben, herumbessern zu wollen. Im übrigen hat sich auch Hebel gefallen
lassen müssen, daß ihm dies und jenes geändert wurde: der volkstümliche Schrift¬
steller ist darum nicht immer auch der rechte Jugendschriftsteller, wenn er auch seiner
ganzen Art nach der Jugend wahlverwandt ist. Ihrer Form nach sind also weitaus
die meisten Stücke des prosaischen Teils Originalarbeiten. Wo bei der Wiedergabe
eines allbekannten Inhaltes der Anschluß an einen schon vorhandenen Text sich wie
etwas Natürliches von selber fügte, da ist dem Urheber des benutzten Abschnittes seine
Ehre durch Nennung seines Namens sorglich gelassen worden (im Inhaltsverzeichnis).
Der Eintönigkeit des lehrhaften Stils sind die Verfasser vielleicht nicht immer ent¬
gangen, aber da mehrere Federn zum Ganzen mitgearbeitet haben, so ist wenigstens
der öden Monotonie, wie die Verfasser hoffen, vorgebeugt worden.
Der Inhalt fügte sich von selbst zusammen. Die Jugend fordert ihr Recht, wenn
sie Märchen haben will. Von diesen eröffnet eine knappe Auswahl das Buch. Den
breitesten Raum nehmen kurze Erzählungen aus der Sage und Lebensbilder aus der
Geschichte ein. Dem Grundsätze folgend, daß die klarere und faßlichere Sage der an¬
tiken Völker in die unterste Klasse unserer Schulen gehört, haben die Verfasser die
deutsche und die nordische Sage einem zweiten Bande vorbehalten, der für Quinta
bestimmt sein wird. Die Bilder aus der Geschichte führen auch den Sextaner schon
bis in die neueste Zeit hinein: Geschichtsunterricht soll er zwar noch nicht empfangen,
aber die leuchtenden Gestalten der Neuzeit sollen ihn beschäftigen, wenn er am
frischesten und empfänglichsten für große Persönlichkeiten ist. Ein Abschnitt „aus der
heimatlichen Sage" gibt dem Buche etwas Lokalfarbe, ohne daß dasselbe darum zum
Eigentum eines engen Bezirkes gestempelt würde. Grundlehren der Geographie und
Lefestücke aus dem Bereiche der Botanik und Zoologie, soweit sie dem Sextaner zu¬
gänglich sind, schließen den prosaischen Teil. Daß in dem poetischen Teil Robert
Reinick besonders berücksichtigt worden ist, wird man den Verfassern gewiß Dank
wissen.
„Gutes gewollt mit Vertraun und Beharrlichkeit führet zum Ausgang": möge
in diesem Sinne das Buch zu glücklichem Ausgang gedeihen und freundliche Beur¬
teilung finden.
Straßburg i. E., im August 1891.
Dr. I*. Albrecht
Geh. Reg.- und Oberschulrat.
Zur dritten Auflage.
Da die Herausgabe einer neuen Auflage dieses Lesebuch-Bandes
früher nötig geworden ist, als ich erwartet hatte, und bevor mir aus
den Kreisen der Kollegen Vorschläge zu Verbesserungen gemacht worden
sind, so halte ich es für ratsam, von Änderungen der zweiten durchge¬
sehenen Auflage einstweilen Abstand zu nehmen.
Gebweiler, im September 1894.
Prof. Dr. II. von Dadelsen.