Full text: Zunächst für die unteren und mittleren Klassen der Gymnasien, mit Rücksicht auf schriftliche Arbeiten der Schüler (Theil 1, [Schülerband])

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Zur -ritten Auslage. 
Daß die Einleitung, wie ich sie zur ersten Auflage gegeben, auch bei dieser 
dritten unverändert wieder auftritt, während doch in den letzten Jahren der 
Deutsche Unterricht von so vielen und so verschiedenen Seiten in Verhandlung 
gezogen worden, möge zum Theil einer gewissen Anhänglichkeit, womit man in 
dergleichen Dingen so gerne die erste Gestalt bewahrt, zu Gute gehalten werden; 
dann aber wüßte ich auch wirklich nichts Wesentliches darin zu ändern, eben so 
wenig wie im Buche selber. Darum absehend von allen den Differenzen in 
Sachen des Deutschen Unterrichts, hier nur einfach Folgendes über die neue 
Auflage des Buches: 
1. In dem prosaischen Theile ist nichts weggelassen und nichts hinzugekom¬ 
men. Ich glaube auch, daß für die gemeinten Bildungsstufen in Bezug auf 
Form, äußere wie innere, hinreichende Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit 
vorhanden ist; und wenn das, so ist für die Schule auch Masse genug da. 
Denn daß es nicht im Berufe eines Schullesebuches liege, zugleich für die ge- 
sammte häusliche Lectüre den Vorrath zu beschaffen, das ist schon in der Ein¬ 
leitung erörtert worden; und da nun schon die wiederkehrenden Jahres- und 
Familienfeste die Jugendschriften, nicht selten über Gebühr, im Hause anhäufen, 
so möchte wohl um so weniger Grund da sein, die Schulbücher zu verdicken 
oder gar bändereich zu machen. Insbesondere dünkt mir, daß komische pro¬ 
saische Stücke ihrer Natur nach mehr für die häusliche Lectüre, als für unter¬ 
richtende Analyse geeignet sind; um so leichter wurde es mir, Grimm's Mär¬ 
chen und ähnliche Jugendschriften mit Abdrucken zu verschonen. Etwas anderes 
ist es mit den komischen poetischen Stücken, insofern sie zu Declamationen 
dienen sollen. 
2. In dem poetischen Theile bin ich einem mehrfach geäußerten Wunsche, 
daß eine größere Anzahl von epischen Gedichten zum Declamiren aufgenommen 
werden möge, nachgekommen und habe die Sammlung um 34 Stücke vermehrt. 
Daß die meisten davon allgemein bekannt sind, hat seinen Grund eben darin, 
weil sie die vorzüglichsten ihrer Art sind, und darum müssen sie auch immer 
wieder der Jugend bekannt gemacht werden; denn die Bekanntschaft damit wird 
ja nicht angeboren. Ich sage dieses, weil sich so oft das Bemühen zeigt, recht 
viel Neues zu liefern, und dadurch der Jugend das Anerkannte entzogen wird. 
3. In Bezug auf schriftliche Aufsätze habe ich Veranlassung, über den ersten 
Abschnitt (Kleine Beschreibungen rc.) eine Bemerkung schärfer hervorzuheben, als 
es in der Einleitung geschehen ist. Es sollen derartige Beschreibungen durchaus 
das Gepräge eines eigenen Erlebnisses an sich tragen, und werden dadurch von 
selbst die Form der Erzählung annehmen. Einen Gegenstand nach seinen ge¬ 
summten Theilen zu beschreiben, und wäre es auch nur ein Stuhl oder ein Tisch, 
ist höchst schwierig und für den ersten Anfänger ganz unmöglich, wenn es nicht 
eine dürre Aufzählung von Namen ohne allen stilistischen Nutzen sein soll. Setzt 
sich aber der Schüler in irgend eine lebendige Beziehung mit dem Gegenstände 
und faßt er dann zunächst nur diese Beziehungsseiten, d. h. den Gegenstand in 
bestimmten, in individuellen Momenten auf, so ist die sprachliche Darstellung des¬ 
selben nichts anderes, als was er täglich in seinen Gesprächen ausübt. Unsinnig 
wäre es, von einem Kinde zu verlangen, etwa den Kölner Dom zu beschreiben, 
wenn man dabei auch nur die geordnete Vorführung der Haupttheile erwartet; 
sagt man aber dem Schüler, er solle sich denken, wie er zum ersten Male nach 
Köln komme, den Dom sehe und nun zu Hause davon erzählen müsse, so ist ihm 
damit das natürlichste Geschäft von der Welt zur Aufgabe gestellt. Oder ver- 
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