IV.
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V 83. Federpuschel und Flederwisch.
In einer Zimmerecke hing an einem rotseidenen Bande eine
Federpuschel, mit der die Hausfrau alle Tage den Staub von aller¬
lei zerbrechlichen Sachen abwedelte, und hinter dem Ofen lag,
vergessen und vergraut, ein Flederwisch, der früher einmal einer
Gans als Flügel gedient hatte.
Die Federpuschel sah verächtlich auf den Flederwisch herab,
denn sie besaß einen gedrechselten Holzstiel und war aus den schön¬
sten, bunten Federn zusammengestellt, die zierlich hin und her nickten,
wenn man die Puschel in der Hand bewegte. Der Flederwisch aber
war steif und unansehnlich; zudem hatte er schon viele von seinen
kleineren Federn verloren und sah recht heruntergekommen aus.
Eines Abends langweilte sich die Puschel sehr, und obwohl sie
sonst nicht auf den Flederwisch zu achten pflegte, sing sie nun doch
ein Gespräch mit ihm an.
„Es ist doch schön," sagte sie, „wenn man viele bemerkens¬
werte Erinnerungen in sich birgt, dann kann einem die Zeit nicht
lang werden." Hierbei unterdrückte sie ein leises Gähnen. „Du hast
wohl keine bemerkenswerten Erinnerungen?"
„Nein," sagte der Flederwisch, „ich habe keine bemerkenswerten
Erinnerungen."
„Schade," erwiderte die Federpuschel, „ich hätte gern einmal
etwas Hübsches erzählen hören. Doch da du nichts zu wissen scheinst,
so will ich dir etwas erzählen."
„Ja! bitte, tue das!" sagte der Flederwisch bescheiden.
Die Puschel ließ ihre bunten Federspihen spielen und begann
vornehm: „Siehst du das Büschel roter Federn in meiner Mitte?"