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streckend und tröstend, so gut er es konnte. Besonders
schmerzlich war ihm der Gedanke, daß er die Schwerver¬
wundeten nicht mitnehmen konnte, sondern sie in Halberstadt
der Gnade des nachrückenden Feindes überlassen mußte. Die
Bürger der Stadt waren zwar den Braunschweigern wohl¬
gesinnt, und sie thaten alles, um den Verwundeten ihr
schweres Schicksal zu erleichtern; aber würde auch der Feind
so wohlwollend sich den Armen gegenüber verhalten? Napo¬
leon hatte ja gedroht, die Schwarzen wie eine Bande von
Mordbrennern zu behandeln; wie, wenn er diese Drohung
wahr machte und seinen Groll an den wehrlos Zurück¬
gebliebenen ausließ?
Unter den schwer Verwundeten befand sich auch Peter
Bruhns, der treue Diener des Herzogs, der Nesse des braven
Konrad Stösse. Eine tückische Kugel hatte ihn in die Brust
getroffen, und als der Herzog an sein Schmerzenslager trat,
sah er bald, daß wohl keine menschliche Kunst imstande
war, dieses teure Leben zu retten. Lange stand Friedrich
Wilhelm an seinem Bette, und Thräne auf Thräne rann
über seine Wangen. Hatte er doch diesem Jünglinge, der
mit wachsbleichen Zügen und geschlossenen Augen vor ihm
lag, sein Leben zu danken! Er hatte es sich als fürstliche
Aufgabe gestellt, ihm reichlich seine Treue zu lohnen; und
nun machte der Tod durch all diese Hoffnungen einen dicken
Strich, und nicht einmal mit in die Heimat konnte er ihn
nehmen, damit er dort seine letzte Ruhestätte sinde. Während
er so in trüben Gedanken dastand und die Hctnd des treuen
Burschen in der seinen hielt, schlug dieser die Augen aus.
Als Peter seinen Herrn erblickte, flog es wie Sonnenschein
über sein bleiches Gesicht, und mit der letzten Kraft richtete
er sich auf in seinem Bette. „Durchlaucht", stammelte er,
„ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind. Ich' sehe
meine Heimat nicht wieder. Grüßen Sie meinen Oheim
und meine Marie, und sagen Sie ihnen, daß ich gestorben
bin als ein treuer Diener meines Herrn. Leben Sie wohl,
Durchlaucht; Gott schütze Sie!" Er konnte nicht weiter
sprechen; seine Augen schlossen sich und kraftlos sank er zu¬
rück in die Kissen. Der Herzog aber neigte sich über ihn