von Roth: Solon und Krösus
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spätere Geschlechter an der Kirche jenes Dorfes und an vielen Häusern
ein Storch abgebildet ist, und jedem Reisenden, der nach einer Er—
klärung forscht, wird diese wunderbare Geschichte der Wahrheit gemäß
berichtet.
V. Geschichtliche Charakterzüge und Lebensbilder.
62. Solon und Krösus.
Nach Karl Ludwig von Roth. Griechische Geschichte. Nürnberg, 1849.
Nachdem Solon seine Gesetze für Athen gegeben hatte (594 —683
v. Chr.), nahm er Urlaub auf zehn Jahre und fuhr über See nach AÄgypten,
von da nach der Insel Cypern und später auf eine Einladung des
Königs Krösus nach Lydien. Dieses Reich war damals das reichste
und blühendste in ganz Asien, und sein Beherrscher hatte den glän—
zendsten Hof weit und breit. Als Solon nach der lydischen Hauptstadt
Sardes und in die Königsburg kam, fand er deren Vorhöfe, Gänge
und Gemächer, durch welche man ihn zum Könige führte, voll von
höheren und niederen Hofbeamten und Dienern und alle so herrlich
gekleidet und von so stolzem Ansehen, daß er bald den einen, bald den
andern derselben für den König ansah. Dennoch zeigte er keine Ver—
wunderung oder Verlegenheit, als er endlich den Krösus selbst sah,
wie er da saß in lauter Pracht und Herrlichkeit. Dieser gebot nun
seinen Dienern den Gast in seinen Schatzkammern umherzuführen,
damit er die aufgehäuften edeln Metalle und Kleinodien mit Muße
beschauen könnte.
Nachdem Solon alles besehen hatte, mußte er wieder zu Krösus
kommen, und dieser sagte, er habe von seiner Weisheit und von den
weiten Reisen viel gehört, welche Solon mache, um seine Einsicht
zu erweitern; nun möchte er ihm sagen, ob er denn irgendwo einen
durchaus glücklichen Menschen gefunden habe. „Ja,“ antwortete Solon,
„meinen Landsmann Tellus; sein Leben fiel in eine Zeit, da es unserer
Vaterstadt gut ging; er hatte wohlgeratene Söhne, und von allen diesen
erlebte er Enkel, deren keiner starb; ihm selbst mangelte nichts von
dem, was man zum Leben braucht, und sein glückliches Leben beschloß
ein schöner Tod, da er in einer Schlacht zwischen den Unsern und denen
von Eleusis durch seine Tapferkeit die Feinde zum Rückzug zwang und,
dabei tödlich verwundet, umkam, worauf unsere Stadt ihn auf gemein—
same Kosten da begraben ließ, wo er gefallen war, und sein Andenken
aufs höchste ehrte.“ Der König hatte gemeint, Solon müßte ihn selbst