Full text: [Teil 3 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 3 = Quinta, [Schülerband])

v. Dadelsen: Tierleben i. Tümpel.—Turgenjew: Liebe i. d. Tierwelt. 283 
Auf einmal rührt sich's mit Ufer; ein braungelber, breitmäuliger 
Bursche, der Frosch, guckt hervor, und schon schnellt er sich mit den 
langen Beinen mitten in den Tümpel hinein. Der aufgewühlte Schlamm 
trübt das Wasser, und wie es wieder klar wird, ist die Libellenlarve 
verschwunden, und ihr Vertilger rückt in eiligen Schwimmzügen dein 
Ufer zu; denn von ihrem Stein ist die Ringelnatter leise hinabgeglitten 
und zieht durchs Wasser hin. Starr vor Angst sitzt der Frosch und 
denkt nicht ans Entfliehen. Ja, die Ringelnatter ist Herrin des Tümpels, 
ihr gehört das ganze Revier, von. der kleinen Eintagsfliege, die dort 
im Sonnenstrahle schwebt, bis zu dem lustigen Springer, der jetzt wie 
festgebannt am Ufer sein Schicksal erwartet. 
J06. liebe in der Tierwelt. 
1. Elternliebe. 
Iwan Turgenjew. Aus dem „Sonntagsgrutz" der Stadt Frankfurt a. M. 
Ich kehrte nach Hause zurück und ging durch die Gartenallee. 
Mein Hund lief voraus. Plötzlich verzögerte er seine Schritte und 
begann zu schleichen, als wittere er vor sich ein Wild. 
Ich blickte die Allee hinunter und gewahrte einen jungen Sperling 
mit gelbem Schnabelrande und jungem Flaun: auf dem Kopfe. Er 
war aus dem Nieste gefallen — ein kräftiger Wind schüttelte die Birken 
der Allee — und unbeweglich saß er nun da, indem er die kaum 
hervorgewachsenen Flügelchen hilflos von sich streckte. 
Langsam näherte sich ihm ntein Hund, als sich plötzlich vom be¬ 
nachbarten Baume ein alter, schwarzbrüstiger Sperling losriß, wie ein 
Stein gerade vor seiner Schnauze niederstürzte und ganz zerzaust und 
verstört mit verzweifeltem, kläglichem Gekreisch einige Male gegen den 
weitgeösfneten, mit großen Zähnen besetzten Rachen lossprang. 
Er wollte sein Junges retten, er schirmte es mit seinem eigenen 
Körper ... sein ganzer winziger Leib bebte vor Schrecken, sein Stimntchen 
ward wild und heiser, er starb hin, er opferte sich! 
Welch ein gewaltiges Ungetüm mußte der Hund ihm scheinen! 
Und gleichwohl verntochte er nicht, dort oben auf seinem sicheren Ast 
zu verbleiben. Eine Gewalt, die stärker war als sein Wille, riß ihn 
hinweg. 
Mein Hektor blieb stehen und wich dann zurück. Offenbar mußte 
auch er jene Gewalt anerkennen. Ich rief den verdutzten Hund zu mir 
und entfernte ntich mit einem Gefühle der Ehrfurcht. 
Ja, lachet nicht, ich empfand wirklich Ehrfurcht vor dieseiu kleinen 
heldenmütigen Vogel, vor dein leidenschaftlichen Ausbruch seiner Liebe.
	        
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