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Wilhelm fordert sein Volk zur freiwilligen Unterstützung auf. — Welcher Preuße
kann da noch zaudern, dieser Aufforderung aus allen Kräften zu genügen! Mit
voller Ueberzeugung setzen wir bei unsern Mitbürgern den Willen voraus, ihre
treue Anhänglichkeit an König und Vaterland in der jetzigen Krisis durch außer¬
ordentliche Opfer zu bethätigen" u. f. w.
Dieser laute Ruf übers Land trug auch sogleich seine reichen Früchte. Man
gab, was irgend möglich war: Staatsdiener, viele im stehenden Heere dienende
Offiziere gaben den vierten, selbst den dritten Theil ihres Gehalts, verabschiedete
Beamte und Offiziere einen Theil ihrer Pension, einige die Hälfte, einige diese
sogar ganz. Andere liehen dem Staate ein kleines erspartes Capital ohne Zinsen
während der Kriegsperiode. Viele besoldeten eine Anzahl Freiwilliger im Felde.
Mancher einzelne schenkte mehrere Tausende von Thalern u. s. w. Berlin allein
hat so viel Freiwillige gestellt und ausgerüstet, als erforderlich sein würden, um
mehrere Infanterie- und Cavallerieregimenter daraus zu sormiren.
Bei diesem allgemeinen Aufschwünge blieben die Frauen nicht zurück. Wie
aber damals in allem der Impuls erst von oben gegeben wurde, worauf man mit
Sehnsucht wartete, so auch hier. Neun Prinzessinnen, an der Spitze die hochherzige
Prinzessin Wilhelm von Preußen, Mariane, geborne Prinzessin von Hessen-
Homburg, gründeten einen Frauenverein zum Wohldes Vaterlandes
und erließen unterm dreiundzwanzigsten März, aber erst veröffentlicht in der Zeitung
vom ersten April, einen Aufruf an die Frauen im preußischen Staate. „Das
Vaterland ist in Gefahr!" beginnt er, wie damals der Ruf durchs ganze Land er¬
scholl; „Männer und Jünglinge ergreifen das Schwert, alles strömt zu den Fah¬
nen und rüstet sich zum blutigen Kampfe für Freiheit und Selbständigkeit. Aber
auch wir Frauen müssen mitwirken, die Siege befördern helfen, auch wir müsien
uns mit den Männern und Jünglingen einen zur Rettung des Vaterlandes. Da¬
rum gründe sich ein Verein, der „Frauenverein", zum Wohl des Vaterlandes.
Gern stellen 'Wir uns an die Spitze desselben. Nicht bloß baares Geld wird dieser
Verein, als Opfer gebracht, annehmen, sondern jede entbehrliche werthvolle Kleinig¬
keit, — das Symbol der Treue, den Trauring, die glänzende Verzierung des Ohrs,
den kostbaren Schmuck des Halses. Gern werden monatliche Beiträge, gern Ma¬
terialien, Leinewand, gesponnene Wolle und Garn angenommen und selbst unent¬
geltliche Arbeit als Opfer angesehen werden. Alles, was auf diese Art gesammelt
wird, gehört dem Vaterlande. Diese Opfer dienen dazu, die Vertheidiger, die
es bedürfen, zu bewaffnen, zu bekleiden, auszurüsten, und wenn die reiche Wohl¬
thätigkeit der Frauen Uns in den Stand setzt, noch mehr zu thun, dann sollen die
Verwundeten gepflegt, geheilt und dem dankbaren Vaterlande wiedergegeben werden,
damit auch von unserer Seite das Große, das Schöne erfüllt werde, damit das
Vaterland, das in.Gefahr ist, auch durch unsere Hülfe gerettet werde, sich neu ge¬
stalte und durch Gottes Kraft aufblühe."
Dieser Aufruf sprach nur aus, was alle mehr oder weniger gefühlt hatten.
Sogleich gab auch das schöne Geschlecht alles her, worauf es doch sonst hohen
Werth legt: jede Art von Schmuck, jedes Kleinod, jedes Ersparte. Witwen ga¬
ben einen Theil ihrer dürftigen Pension her, die Aermste doch noch irgend etwas,
die meisten ihre Arbeitskräfte. Auch die dienende Klaffe blieb nicht zurück. Ein