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Sechster Zeitraum.
Das Zeitalter der Bildung großer Territorial-
Herrschaften und die Blütezeit der Städte, 1273—1517.
|>ie Kaiser aus verschiedenen Käufern, 1273—1347.
Rudolf I. von Habsburg, 1273—1291. 1273-1291
1. Zustände im Reiche. Die Fürsten hatten allmählich ein
Kronrecht nach dem andern an sich gebracht und waren in ihren
Gebieten fast unabhängig vom Kaiser. An ihrer Spitze standen
sieben Fürsten, die das Recht, den König zu wählen, für sich in
Anspruch nahmen und nach dem Worte „küren" (wählen) „Kur-
fürst en" genannt wurden. Es waren dies die Erzbischöfe von
Cöln, Mainz, Trier, der Herzog von Sachsen, der Markgras von
Brandenburg, der Pfalzgraf bei Rhein und der König von Böhmen.
Die Kurfürsten suchten bei jeder neuen Königswahl besondere Vor-
teile für sich zu gewinnen; zu wichtigen Reichshandlungen gaben
sie ihre Zustimmung durch Willebriefe. So war das Königtum
nur noch das Präsidium in einem aus selbständigen Fürstentümern
und Städten bestehenden Bundesstaat.
Um den Fürsten gewachsen zu sein, suchten die Kaiser ihre
Hausmacht zu vergrößern. Da aber die Krone infolge der Wahl-
freiheit nicht erblich wurde, kam auch eine starke Hausmacht dem
Königtum nicht zugute.
Die Zahl der weltlichen und geistlichen Reichs stände war
sehr groß. Zu den erfteren gehörten Herzöge, Burggrafen, Land-
grasen, Pfalzgrafen, Grafen, Ritter und Reichsstädte, zu den letzteren
Erzbischöfe, Bischöfe. Reichsäbte, die Hochmeister der Deutschherren
und Johanniter. Den Reichsständen waren die Landstände
Untertan. Zu ihnen gehörten der Adel, die Städte und Geistlichen,
die nicht reichsfrei waren. Da sie auch möglichst unabhängig
sein wollten, kam es zwischen ihnen und den Reichsständen zu vielen
blutigen Fehden.
2. Rudolfs Wahl und Persönlichkeit. Das Bedürfnis nach
einer besseren staatlichen Ordnung und größerem Rechtsschutz, sowie
das Drängen des Papstes veranlaßten nach dem Tode Richards
von Cornwallis die Kurfürsten, einen neuen König zu wählen. Da
sie fürchteten, durch einen mächtigen König um ihre Vorrechte
gebracht zu werden, wählten sie den Grafen Rudolf von Habs-
bürg. Er besaß reiche Güter in der Schweiz, im Elsaß und im
Lindner, Deutsche Geschichte unter den Habsburger« und Luxem-
burgern. 2 Bde. Stuttgart 1890-93.
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