v. Lyrisch-didaktische Poesie
Sprüche und Räthsel.
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I. Sprüche.
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a. Von Goethe.
Und wenn's den Kindern nicht verbliebe,
Den Enkeln kommt es doch zu gut.
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1. Mit einem Herrn steht es gut,
Der, was er besohlen, selber thut.
2. Wer sich nicht nach der Decke streckt,
Dem bleiben die Füße unbedeckt.
3. Wer aber recht bequem ist und saul,
Flög' dem eine gebratene Taube in's Maul,
Er würde höchlich sich's verbitten,
Wär' sie nicht auch geschickt zerschnitten.
4. Wohl unglückselig ist der Mann,
Der unterläßt das, was er kann,
Und unterfängt sich, was er nicht versteht;
Kein Wunder, daß er zu Grunde geht.
5. Der Mensch erfährt, er sei auch, wer er
mag,
Ein letztes Glück und einen letzten Tag.
6. Doppelt gibt, wer gleich gibt,
Hundertfach, der gleich gibt,
Was man wünscht und liebt.
7. Noch ist es Tag, da rühre sich der
Mann,
Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken kann.
8. Gutes thu' rein aus des Guten Liebe!
Das überlief're deinem Blut;
9. Als ich einmal eine Spinne erschlagen,
Dacht' ich, ob ich das wohl gesollt?
Hat Gott ihr doch wie mir gewollt
Einen Antheil an diesen Tagen!
10. Wenn der Schwergedrückte klagt,
Hülse, Hoffnung sei versagt,
Bleibet heilsam fort und fort
Immer noch ein freundlich Wort.
11. Wer ist der glücklichste Mensch? Der
fremdes Verdienst zu empfinden
Weiß und an fremdem Genuß sich wie
am eignen zu freu'n.
12. Thu' nur das Rechte in deinen Sachen;
Das andre wird sich von selber machen.
13. Alles in der Welt läßt sich ertragen,
Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen.
14. Willst du nichts Unnützes kaufen,
Mußt du nicht auf den Jahrmarkt laufen.
15. Wer ist ein unbrauchbarer Mann?
Der nicht befehlen und auch nicht ge¬
horchen kann.
Remacly, Lesebuch I. 2. Aufl.
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