Full text: [Teil 5 = Kl. 5 (6. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 5 = Kl. 5 (6. Schuljahr), [Schülerband])

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Lowositz zurück; aber immer neue Haufen des zahlreichen öster— 
reichischen Heeres wurden ihm entgegengestellt. Nach sechsstündi— 
gem Feuer hatten die Preußen kein Pulver und Blei mehr. Schon 
wollten sie mutlos werden, da rief der Herzog von Bevern ihnen 
zu: „Burschen, seid guten Muts! Wozu hat man euch denn ge— 
lehrt, den Feind mit gefälltem Gewehr anzugreifen?“ Diese Worte 
wirkten: die Preußen schlossen fest ihre Reihen und rückten mit 
gefälltem Bajonett unaufhaltsam gegen den Feind vor. Um zwei 
Uhr nachmittags war ein vollständiger Sieg erfochten; freilich war 
derselbe durch große Verluste erkauft. Friedrich selbst bekannte, 
daß er nicht mehr die alten Osterreicher vorgefunden habe; von 
seinen Soldaten aber rühmte er: „Nie haben meine Truppen solche 
Wunder der Tapferkeit getan, seitdem ich die Ehre habe, sie zu 
kommandieren, sowohl Reiterei als Fußvolk. Aus diesem Gewalt— 
streich sehe ich, was meine Truppen können.“ 
Die sächsischen Truppen in ihrem Lager zu Pirna hörten statt 
der gehofften Kunde von ihrer Befreiung bald die Freudenschüsse, 
welche die Preußen ringsum wegen des Sieges bei Lowositz er— 
schallen ließen. Mit heldenmütiger Standhaftigkeit hatten sie bis 
dahin alle Entbehrungen erduldet; schon lange fehlte ihnen der 
notdürftige Unterhalt. König August und sein Minister Brühl 
freilich lebten auf dem Schloß Königstein in gewohnter Üppig⸗ 
keit, während das Heer der Verzweiflung nahe gebracht war. Auf 
die traurige Botschaft von Browns Niederlage wollten die Sachsen 
einen letzten Versuch machen, sich nach Böhmen durchzuschlagen; 
aber durch schrecklichen Wind und Regen, sowie durch die Wach— 
samkeit der Preußen wurde das Unternehmen vereitelt; noch drei 
Tage und drei Nächte hielt sich das erschöpfte Heer fast ohne alle 
Nahrung bei Sturm und Wetter unter freiem Himmel; erst dann, 
als jede Hoffnung auf Rettung verschwunden war, ergaben sich 
die noch übrigen 14000 Mann als Kriegsgefangene der Gnade 
des Königs von Preußen am 16. Okltober 1756. Friedrich ehrte 
auch an den Feinden die bewiesene heldenmütige Treue; er ritt 
an der Front der sächsischen Regimenter hinab, begrüßte achtungs— 
voll die Generale und lud sie zur Tafel. Die Offiziere wurden 
auf ihr Ehrenwort, daß sie während des Krieges nicht mehr gegen 
Preußen kämpfen wollten, entlassen, die Soldaten größtenteils in 
die preußische Armee aufgenommen; doch haben sie dem König
	        
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