Full text: [Teil 5 = Kl. 5 (6. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 5 = Kl. 5 (6. Schuljahr), [Schülerband])

192 
ihr Leben lang gehalten, ein schöner ehrenvoller Zug für beide 
Teile. Von ihrem Verkehr bei der Krönung des Kaisers Franz 
am 14. Juli 1792, wo sie ebenfalls in Frankfurt waren, ist uns 
nur zufällig nichts berichtet. 
Der Vater der Prinzessinnen, Prinz Karl von Mecklenburg, 
hatte der Frau Rat zum Dank eine schöne Dose mit seiner Brillant— 
chiffre geschenkt — ebenso auch zwei schöne Tassen, die Frau Rat 
ihr Leben lang hochhielt. Als nun Luise und Friederike am 
24. April 1793 mit dem Kronprinzen von Preußen und dessen 
Bruder sich verlobt hatten, da war Frau Rat nicht wenig stolz 
auf ihre Prinzessinnen. Wie drollig sie es angefangen hat, den 
König von Preußen auf ihre nahen Beziehungen zu den hohen 
Brãäuten aufmerksam zu machen, hat die Prinzessin Friederike selbst 
später erzählt: 
Wie die beiden schönsten Fürstinnen Deutschlands, — holde, 
blonde, liebe Engel, — als preußische Bräute mit unserm Prinzen 
und dem hochseligen König zu Frankfurt waren, so hatte dieser 
seine Loge dicht neben der, worin die Frau Rat Goethe zeitlebens 
ihren Platz nahm. Das lebhafte Herz der vortrefflichen Frau 
triumphierte, daß ihre Prinzeßchen so schönen und vornehmen 
Prinzen vermählt werden sollten, und sie konnte es nicht unter— 
lassen, ihrem Logennachbar, unserm Könige, zu zeigen, wie wohl 
sie den hohen Bräuten befreundet sei. Sie besaß nämlich eine schöne 
Dose mit der Brillantchiffre des Herzogs von Mecklenburg, zum 
Andenken für die so sehr freundliche Aufnahme seiner Kinder. 
Und so gab die Herzogin die Worte wieder, mit denen Frau Goethe 
ihr die Sache nachher selbst erzählt hat: „Ich nehme die Dose, 
geh' ins Theater, stelle sie mit daraufdrückender Hand — fest 
auf den Logenrand; der König sieht nichts. Ich nehme eine Prise, 
setze die Dose näher an den König und sehe ihn an; er sieht nicht 
auf die Dose hin, er hat mehr dergleichen gesehen! Ich nehme 
sie abermals, setze sie noch näher und sehe wieder den König an. 
Endlich blickt er auf die Dose, und wie er sie gesehen hat, sagt 
er ganz gütig: „Ei! Madame Goethe, was haben Sie da für 
eine schöne Dose!“ „Ja, Ihro Majestät,“ antwortete ich, „die 
hab' ich auch von meinen Prinzessinnen von Mecklenburg!“ Und 
so mußte der König ihre Freude wissen, und die Sache war ge— 
lungen, Herz hilft zu allem.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.