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77. Alles mit Gott.
1. Mit dem Herrn fang alles an!
Kindlich mußt du ihm vertrauen,
Darfst auf eigne Kraft nicht bauen,
Demut schützt vor stolzem Wahn.
Mit dem Herrn fang alles an!
2. Mit dem Herrn fang alles an!
Die sich ihn zum Führer wählen,
Können nie das Ziel verfehlen;
Sie nur gehn auf sichrer Bahn.
Mit dem Herrn fang alles an!
3. Mit dem Herrn fang alles an!
Mut wird dir dein Helfer senden,
Froh wirst du dein Werk vollenden;
Denn es ist in Gott getan.
Mit dem Herrn fang alles an!
Hohlfeld.
78. Die Stimme des Gewissens.
Ein reicher Mann, namens Pohl, der mehrere Häuser besaß, be¬
fahl feinen Dienern, aus einem derselben eine arme Witwe samt
ihren Kindern zu vertreiben, weil sie die jährliche Miete nicht zu
zahlen vermochte. Als die Diener nun kamen, sprach die Witwe:
„Ach, verziehet ein wenig! vielleicht, daß Euer Herr sich unser erbarme;
ich will zu ihm gehen und ihn bitten."
Darauf ging die Frau mit vier Kindern zu dem reichen Manne,
das eine aber blieb zu Hause; denn es war sehr krank. Alle flehten
inbrünstig, sie nicht zu verstoßen, und selbst das kleinste rief: „Bitte,
bitte!" — Pohl aber sprach: „Meine Befehle kann ich nicht ändern;
es fei denn, daß Ihr Eure Schuld sogleich bezahlt." Da weinte die
Mutter bitterlich und sagte: „Ach! die Pflege des kranken Kindes hat
all meinen Verdienst verzehrt und meine Arbeit gehindert." Und die
Kinder flehten mit der Mutter, sie nicht zu verstoßen. Aber Pohl
wandte sich weg von ihnen und ging in sein Gartenhaus und legte sich
auf das Polster, zu ruhen, wie er pflegte. Es war aber ein schwüler
Tag, und dicht am Gartensaale floß ein Strom, der verbreitete Küh¬
lung, und es war eine Stille, daß kein Lüftchen sich regte. Da hörte
Pohl das Gelispel des Schilfes am Ufer; aber es tönte ihm gleich
dem Gewinsel der Kinder der armen Witwe, und er ward unruhig
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