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6. „Ein' feste Burg ist unser Gott,
Ein' gute Wehr und Waffen;
Er hilft uns frei aus aller Not,
Die uns jetzt hat betroffen!"
So klingt's durch Sturmesbraus
Jetzt in die Nacht hinaus.
In Todesangst und Not
Vertrauen noch auf Gott
Die schon dem Tod Geweihten.
7. Und siehe da, die Zuversicht
Auf Gott wird nicht zu Schanden.
Die morsche Hütte nicht zerbricht,
Bis daß die Wasser standen.
Gottlob, gerettet sind
So Mann als Weib und Kind!
Die sich in seine Hut
Befohlen, in der Flut
Hat sie der Herr geborgen. F. Jahn.
152. Die Stadt Wineta.
An der nordöstlichen Küste der Insel Usedom hat vor mehr als
tausend Jahren eine große Stadt gestanden, die hieß Wineta. In dieser
Stadt wohnten Griechen, Slawen, Wenden und noch andere Völker, die
noch alle dem Heidentume zugetan waren; auch Sachsen durften sich
dort niederlassen, aber sie durften nicht das Christentum bekennen.
Obgleich nun alle Bewohner Heiden waren, hat doch lange Zeit in der
Stadt Zucht und Sitte geherrscht. Wineta hatte einen großen Hafen,
in dem lagen immer viel fremde und einheimische Schiffe, und die Ein¬
wohner trieben vielen Handel und wurden mit der Zeit sehr wohlhabend.
Da trieben sie viel Luxus, machten die Stadttore von Erz und die
Glocken von Silber, und das Silber war so gemein in der Stadt, daß
die Kiuder auf den Straßen mit großen Silbermünzen spielten.
Aber je größer der Reichtum wurde, desto schlechter wurden die
Sitten der Leute; es war viel Hader und Streit unter ihnen, und sie
waren sehr gottlos. Auf dem Meere war der Reichtum in ihre Stadt
gekommen, und das Meer strafte auch die Stadt für ihre Gottlosigkeit;
eine hohe Flut, wie sie sonst nie gewesen war, verschlang ganz Wineta
und alle seine Herrlichkeit. Nach einiger Zeit kamen Schweden aus
Gothland, deren Schiffe an die Trümmer der versunkenen Stadt stießen;