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Den Fang ins Meer? Sie rühren ihn an,
Die Fischer, und tasten und stieren ihn an.
„Laßt mich ins Meer!“ Sie hören nicht drauf.
„Laßt mich ins Meer!“ Sie lachen nur auf.
Sie wägen das goldene Prinzlein ab,
Sie schätzen's und klauben ihm Münzlein ab. —
Wie wiegt das voll, wie gleißt das hold!
Sie denken nichts weiter, — sie denken nur Gold.
Und seht! — Ein Goldschein überfliegt
Jetzt alles, was von Fisch daliegt,
Und wandelt's, daß es klirrt und rollt.
Seht! All' die Fische werden Gold!
Sinkt das Schiff von blitzender Last?
„Schaufelt, was die Schaufel faßt!“ —
Wie lustiges Feuerwerk sprüht das umher. —
Dann rauscht über alles zusammen das Meer.
Ferdinand Avenarius.
10. Die Jungfrau am See.
In der Gegend von Berchtesgaden lebte einmal ein Jäger—
bursch; der war von Salzburg gebürtig und hernach, da seine
Eltern frühzeitig gestorben waren, bei einem Jäger in Dienst
aufgenommen worden. Da hatte er des Mannes schönes Töch—
terlein kennen gelernt und die beiden hatten sich lieb gewonnen.
Auf einmal starb der Alte; da mußte der Bursch weiterziehen,
weil man keinen Gesellen mehr brauchte, auch war er arm
und konnte im Ernst nicht daran denken die Hand der reichen
Dirn zu erhalten. Mit schwerem Herzen verließ er das Haus
und zog in die Wildnis der Berchtesgadener Wälder und baute
sich ein Hüttlein am Fuß des Priestersteins.
Ein Jahr war vergangen, als er einmal in Gedanken ver—
sunken vor seiner Hütte saß. Da schlugen plötzlich die Hunde
an; sie witterten die Nähe eines Edelwildes. Unser Jägerbursch
machte sich auf und verfolgte die Spur und entfernte sich immer
weiter und weiter von seiner Hütte. So kam er zum erstenmal