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bei Göttin trat das wahrhaft Heldenmütige in ihm erst in ganzer
Kraft hervor. Zu der Trauer über das schlinune Kriegsgeschick kam
noch der Schmerz über den Tod eines Bruders und der geliebten
Mutter hinzu, welche Friedrich stets innig verehrt hatte. Sein tiefer
Gram ist in den Briefen aus jener Zeit unverkennbar, aber zugleich
auch die Seelenkraft, mit welcher er sich über seine traurige Lage erhob.
So endigt eines seiner damals verfaßten Gedichte mit den Zeilen:
„Ich aber, vom Orkan bedroht.
Muß trotz dem nahenden Berderben
Als König denken, leben, sterben."
Ludwig Hahn.
200. Aus dem Testamente Friedrichs des Großen.
„Unser Leben ist ein flüchtiger Übergang von dem Augenblicke
der Geburt zu dem des Todes. Die Bestimmung des Menschen
während dieses kurzen Zeitraumes ist, für das Wohl der Gesellschaft,
deren Mitglied er ist, zu arbeiten. Seitdem ich zur Handhabung
der öffentlichen Geschäfte gelangt bin, habe ich mich mit allen Kräften,
welche die Natur mir verliehen hat, und nach Maßgabe meiner ge¬
ringen Einsichten bestrebt, den Staat, welchen ich die Ehre gehabt
habe zu regieren, glücklich und blühend zu machen. Ich habe Ge¬
setze und Gerechtigkeit herrschen lassen, ich habe Ordnung und Pünkt¬
lichkeit in die Finanzen gebracht, ich habe in die Armee jene Mannes¬
zucht eingeführt, wodurch sie vor allen übrigen Truppen Europas den
Vorrang erhalten hat." — — —
„Ich überlasse meinen: lieben Neffen Friedrich Wilhelm als erstem
Thronfolger das Königreich Preußen, die Provinzen, Städte, Schlösser
usw. usw. Auch überlasse ich ihm außerdem den Schatz in dem Zu¬
stande, in welchem er sich an meinem Sterbetage befinden wird, als
ein dem Staate zugehöriges Gut, das nur zur Verteidigung oder zur
Unterstützung des Volkes angewandt werden darf."-
„Ich bin nie weder geizig noch reich gewesen und habe folglich
auch nicht viel eigenes Vermögen, worüber ich disponieren kann. Ich
habe die Einkünfte des Staates immer als die Bundeslade betrachtet,
welche keine unheilige Hand berühren durfte. Ich habe die öffent¬
lichen Einkünfte nie zu meinem besonderen Nutzen verwendet. Meine
Ausgaben haben nie in einem Jahre 220 000 Thaler überstiegen.
Auch läßt mir meine Staatsverwaltung ein ruhiges Gewiffen, und