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Mit Hilfe des Geistes unterhielt Faust noch seine Ge¬
sellen, die er zu eitler Lust um sich hatte, mit allerhand
Gauhel- und Mummenspiel. Einmal war der Saal voll von
Vögeln, die das lieblichste Konzert sangen, sodaß man
glaubte ins Paradies selber versetzt zu sein. Ein anderes
Mal gestaltete sich vor ihren Augen gleichsam ein lebendiger
Garten von buntfarbigen und wohlriechenden Blumen, die
sich wie in einem künstlichen Reigen hin und her bewegten
zu besonderer Ergötzung des Auges. Die Zeit aber, die
sie nicht mit Bankettieren zubrachten, verkürzten sie mit
Disputieren über allerlei Materien göttlicher und weltlicher
Wissenschaften, über Himmel und Hölle, Welt, Gott und
Teufel, Ewigkeit, Seele und Seligkeit. Weil sie aber das
göttliche Wort, darin allein die Wahrheit zu finden ist, bei¬
seite getan hatten und es verachteten, ja verspotteten, so waren
es lauter Trugbilder ihrer verkehrten Einbildungskraft und
eitle Götzen ihres verderbten Herzens, welche sie anbeteten.
Zuweilen belustigte sich Doktor Faust damit, daß er
mit seinen Kumpanen in seinem herrlichen Garten spazieren
ging. Dieser trug jahraus jahrein die seltensten Früchte
jeder Art und es herrschte darin zu jedermanns Ver¬
wunderung ein ewiger Frühling. Unten aber im Hause, vor
einem Stall an der Einfahrt lag des Doktors großer Zauber¬
hund, der ihm, wenn er aus dem Hause ging, nicht von der
Seite wich. Sein Name war Prästigiar oder Hexenmeister.
Er hatte feuerrote Augen und schwarzes, zottiges Haar.
Wenn ihm aber Faust über den Rücken fuhr, verwandelte
sich seine Farbe in Grau, Weiß oder Gelb und das Tier
machte die seltsamsten Sprünge und Gaukeleien, wenn es
mit seinem Herrn dahintrottete. Etliche aber sagen, daß
dieser Hund nichts anders gewesen als der böse Geist
Mephistopheles und daß dieser ihm zuerst in Hundsgestalt
erschienen sei.
3. Von einigen lustigen Zauberstücklein des
Doktor Faust.
Wenn Faust eine Zeitlang in Üppigkeit und Wohlleben
geschwelgt hatte, ergriff ihn dann gewöhnlich ein tiefer Un-