64 Das Frankenreich.
vernichtete das ganze Heer. Balb daraus hörten die Züge der Normannen
auf. Sie erhielten seitdem fefte Wohnste teils in England, teils in dem
Mündungsgebiet der Seine, das von ihnen noch heute den Namen Nor-
mandie führt.
flrnSsC 899 Der ®Ian3 der Kaiserkrone lockte Hrnulf nach Italien. Er hatte
(Erfolg; er stürmte Horn und erlangte die Krönung. Hber bald zwang
ihn eine Krankheit, alles (Erreichte aufzugeben. Hrnulf starb schon 899
und hinterließ das Reich inmitten schwerer Bedrängnisse seinem 7jährigen
Sohne Ludwig. (Es war das erste Mal in der (Beschichte des deutschen
Volkes, daß ein tapferer und tätiger Herrscher in der Blüte der Jahre dahin-
ftarb und dem Reiche nur ein unmündiges Kind als Nachfolger hinterließ,
mageren Kaum roar das Land von den Greueln der Normannen befreit, so
suchte ein neuer Semd die Grenzgebiete unter furchtbaren Verwüstungen
heim. Noch im Todesjahr Hrnulfs erschienen zum ersten Male im Franken-
reiche die Magyaren. Es war ein finnisches Reiteroolk, also auch mongo¬
lischer Abstammung wie die Hunnen und Rwaren. wie diese führten sie noch
ein Nomadenleben. Sie schweiften in dem Donautiefland umher, wo die
ausgedehnten Viehweiden sie angelockt hatten. Abscheulich waren sie den
Deutschen wegen ihrer häßlichen Gestalt, aber furchtbar durch ihre Grausam¬
keit und Kriegstüchtigkeit. 3n viele kleine heerhaufen gesondert, griffen
sie an. 3hre Hauptwaffe war Pfeil und Bogen. Durch Scheinflucht
lockerten sie wie einst die Hunnen die Rethen ihrer Gegner. Diese ge¬
rieten dann meist auf der Verfolgung in einen hinterhalt. Don den
Deutschen trennte sie zuerst noch das große mährische Reich, das sich aus
verschiedenen Slavenvölkern gebildet hatte. Nachdem sie dieses 906 ver¬
nichtet hatten, suchten sie den Osten und Süden Deutschlands unter ent¬
setzlichen Verheerungen heim. Rlle bewegliche habe führten sie fort und
metzelten die wehrlosen Bewohner, Greise, töeiber und Kinder erbarmungs¬
los nieder. Wieder wie einst zu den Römerzeiten suchten die Deutschen
Zuflucht im Dickicht ber JBglber oder auch hinter den Mauern der
Burgen. Widerstand schien vergeblich. 907 wurde der Heerbann der
£ubKinbbasBai)?rn sast ganz aufgerieben. 910 erlitt ein Reichsheer, das der junge
(9oo-9n) König, Ludwig das Kind, führte, eine Niederlage. Das Königtum war
nicht imstande, das Reich vor äußern Gefahren und innerer Ruflösung
zu bewahren. 911 schon starb Ludwig, kaum zum Jüngling geworden.
So endete in Deutschland das Geschlecht des großen Karl.
a
verwinde,
rurtg der
§ 55. Entwicklung des Lehnswesens in Deutschland. Die
Bauern ber inneren Zerrissenheit und der äußeren (Befahren lasteten am
schwersten auf dem Stande der kleinen freien Grundbesitzer. Dadurch wurde
auch im ©streiche eine Entwicklung beschleunigt, die im löestreiche schon
stark vorgeschritten mar. Viele Freie, die ihren Besitz nicht sicher sahen vor
Gewalttaten, gaben ihr Gut an einen Mächtigen, sei es einen Bischof,
Herzog ober Grafen. Sie erhielten es dann von ihm zurück als Lehen