Full text: Klasse 5 (sechstes Schuljahr) (Teil 5, [Schülerband])

II. Griechische Sagen. 
55. Deukalion und Pyrrha. 
Gustav Schwab. 
Als das eherne Menschengeschlecht auf Erden hauste und Zeus, dem 
Weltbeherrscher, schlimme Sage von seinen Freveln zu Ohren gekommen 
war, beschloß er, selbst in menschlicher Bildung die Erde zu durchstreifen. 
Aber allenthalben fand er das Gerücht noch milder als die Wahrheit. 
Eines Abends in später Dämmerung trat er unter das ungastliche Obdach 
des Arkadierkönigs Lykäon, der durch Wildheit berüchtigt war. Er ließ 
durch einige Wunderzeichen merken, daß ein Gott gekommen sei, und die 
Menge hatte sich auf die Knie geworfen. Lykaon jedoch spottete über 
die frommen Gebete. „Laßt uns sehen," sprach er, „ob es ein Sterb¬ 
licher-oder ein Gott sei!" Damit beschloß er im Herzen, den Gast um 
Mitternacht, wenn der Schlummer auf ihm lastete, mit ungeahntem 
Tode zu verderben. Vorher aber schlachtete er einen armen Geisel, 
den ihm das Volk der Molosser gesandt hatte, kochte die Glieder 
in siedendem Wasser oder briet sie am Feuer und setzte sie dem 
Fremdling zum Nachtmahl auf den Tisch. Zeus, der alles durchschaut 
hatte, fuhr vom Mahl empor und sandte die rächende Flamme über die 
Burg des Gottlosen. Bestürzt entfloh der König ins freie Feld. Der 
erste Wehlaut, den er ausstieß, war ein Geheul, sein Gewand wurde zu
	        
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