22 II. Der Krieg in Frankreich und das (Ergebnis der Befreiungskriege
gen, als es in Paris geschehen ist. Ich würde von den fremden und
selbst von den eigenen Diplomaten nicht gehört werden. Österreich ist
gleichgültig gegen die deutschen Angelegenheiten und richtet seine (Er-
Werbungspläne nur gegen Italien und sein Mißtrauen gegen Rußland.
- Rußland trachtet, ganz Polen zu vereinigen und als Nebenreich sich
anzueignen, dabei aber Österreichs Vergrößerung zu verhindern und
öie von Preußen etwa nur zu dulden. . . England sorgt nur für die
Festigung öes neuen Niederländischen Staats unö würde gern von
Deutschland mehr abreißen, um die neue Schöpfung zu verstärken, wer
sollte sich noch um Deutschland Wohl bekümmern, auf dessen aber¬
malige Unterjochung die in Frankreich, mit wenigen Ausnahmen, immer
noch herrschende Aristokratie der verbrechen noch nicht verzichtet hat. ..
Der Staatskanzler hört mich zwar an und scheint überzeugt von dem, was
ich behaupte, aber nie habe ich erlebt, daß er meinen Ratschlägen ge¬
folgt wäre, was soll ich also dort machen!
So habe ich geraten, lieber halb Belgien Frankreich zu lassen als den
Elsaß. Man wollte davon nichts hören und entschuldigt sich mit (Eng¬
land, und wirklich würde dieses gegen eine solche Vertauschung sich
durchaus gesetzt haben. Das einzige ist mir gelungen, daß ich Mainz
noch, vor der Hand wenigstens, gerettet habe, denn noch war es durch
die Bayern besetzt, das ich verhinderte, indem ich das Glück hatte, zeitig
von deren mit Metternich abgeredeten vorhaben unterrichtet zu werden,
und den Staatskanzler wiederholt zu warnen, obgleich er ungläubig
und ärgerlich war.
Die Notwendigkeit, Preußen bald, sogleich eine Konstitution zu
geben, habe ich mündlich und schriftlich dargetan und dazu angetrieben.
Sogar Motive, die nur der Staatskunst angehören, gebieten dies. Ls
gibt kein festeres Band, um die (Einwohner der zu erwerbenden Länder
an unsere älteren zu knüpfen als eine gute Konstitution, überdies müssen
wir dadurch die Meinung in Deutschland für uns gewinnen. So etwas
erwirbt uns den Primat über die Geister. Der dreifache Primat der
Waffen, der Konstitution, der Wissenschaften ist es allein, der uns auf¬
recht zwischen den mächtigen Nachbarn erhalten kann. . . .
3. Der wiener Kongreß und seine Ergebnisse?
Wien, 23. Februar 1815.
. . .wir wissen nun, daß, man mit den getroffenen (Einrichtungen in
Berlin höchst unzufrieden ist. Nach den meisten Briefen wird die Schuld
auf die Umgebungen des Kanzlers und namentlich auf mich gescho¬
ben. Sage mir doch, ob Du das auch hörst? Zu machen ist dagegen!
nichts. Man muß im Leben den unverdienten Tadel gegen das unver-
1 ctus Humboldts Briefen an feine (Battin. S. 482 ff.