wenn es gilt, ein Meisterwerk auszuführen. Welche Bauten ent¬
stehen in diesen Zeiten hohen Gemeinsinns! Vor allem der Dom
zu Köln, die Krone der gotischen Baukunst, der Dom zu Merse¬
burg, zu Regensburg, St. Stephan in Wien, das Münster in Ulm
und viele andere größere und kleinere Kirchen, die noch jetzt der
Stolz unserer Städte sind. Alles tritt noch in den Dienst der Kirche.
Hierher bringt der Bildhauer seine Statuen und künstlichen Schnitze¬
reien, die Goldschmiede bilden schöne Schreine für die Reliquien,
Monstranzen, Kelche und Kreuze oder gießen eherne Tore mit kunst¬
vollen Bildwerken, und für den Altar schafft der Maler seine Werke.
Es gibt viele, sehr viele Kirchen in den Städten, und über der
Masse der niedrigen Wohnungen erhebt sich ein Wald von Tür¬
men. Köln hat 16 Pfarrkirchen und 10 Stiftskirchen, mit den Klöstern
und Kapellen mehrere hundert geistliche Gebäude; Soest, nicht
eine der größten Städte, 10 Kirchen und 28 Kapellen. Neben Köln
sind Mainz, Regensburg, Erfurt und Magdeburg die kirchenreichsten
Städte Deutschlands.
Mit gleich stolzer Freude baut die freie Bürgerschaft eben jetzt
ihr Rathaus, zierlich und schmuckvoll, mit einem prachtvollen Saal
für die großen Feste der Stadt und ansehnlicher Bürger, und in
seinem schlanken Turm wird die Glocke samt dem Glöcklein auf¬
gehängt, die zur Rats-, zur Gemeindeversammlung oder sonst ernsten
Dingen rufen. Schon lugt auf ihm der Wächter ins Weichbild hinaus.
Die Breslauer rühmen sich nicht weniger ihres mit zierlichen Erkern
und reichem Bildwerk geschmückten Stadthauses, wie die Frank¬
furter ihres heute durch die Erinnerungen des alten Reiches ge¬
heiligten Römers. In Bremen sieht man einen neuen Bau sich er¬
heben, von „Roland dem Riesen" bewacht; das zierliche Rathaus
zu Kolberg, der Artushof in Danzig, der goldglänzende Bürgerpalast
zu Stralsund und das hochgewölbte Kaufhaus zu Braunschweig
prangen in gleicher Herrlichkeit. Schon sieht man die Lübecker
Hand anlegen, um sich ein dem Bremer ebenbürtiges Stadthaus
zu bauen, das bald mit seinen zierlich durchbrochenen Giebel¬
wänden, schlanken Türmchen, leichten Arkaden und Schwibbögen,
seinen durchsichtigen Hallen den Stolz der Hansa bilden sollte.
So beginnen Dome und Rathäuser in gleicher Pracht sich zu
erheben. Aber was sieht man daneben? Hier eine kunstlose Wasser¬
pfütze mit schwimmenden Enten, dort den deutschen Dorfbaum,