Full text: [Band 3 und 4, [Schülerband]] (Band 3 und 4, [Schülerband])

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stößt man auf nicht geringe Schwierigkeiten. Schließlich ist wohl 
die Annahme am besten begründet, daß die Libysche Wüste, ehe sie 
ihr heutiges Aussehen erhielt, einstens vom Meer bedeckt war und daß 
die Wellen eines großen Ozeans alle die flachen, muldenförmigen 
Vertiefungen mit ihren sanft abgerundeten Rändern hervorgerufen, 
die Massen von Sand und Kieseln herbeigeschwemmt und den Unter¬ 
grund bis auf die inselartig zurückgebliebenen Hügel ausgewaschen 
haben. Welch schneidender Gegensatz zwischen Vergangenheit und 
Gegenwart liegt in dem Gedanken eines vorzeitlichen Sahara-Meeres: 
Da, wo heute eine wasserlose steinige Hochebene nur wenigen Lebe¬ 
wesen ein kümmerliches Dasein gestattet, wo glühende Winde auf¬ 
steigen, wogten einst die Fluten des Ozeans! 
B. 
Mit der Wasserarmut hängt übrigens eine eigentümliche Schön¬ 
heit der Wüste zusammen, die dem Wanderer für manche landschaft¬ 
liche Mängel Ersatz bietet. Es ist dies die wunderbare Klarheit der Luft. 
Noch ist gerade genug Wasserdampf vorhanden um bei jedem Sonnen¬ 
aufgang und Untergang jenes wunderbare Farbenspiel zwischen gelb, 
rot, violett und blau hervorzurufen, welches den Beschauer täglich 
von neuem entzückt. Die Atmosphäre ist von überraschender Durch¬ 
sichtigkeit. Jeder gewohnte Maßstab für Entfernungen verschwindet 
in der Wüste; meilenweit abseits gelegene Erhöhungen scheinen auf 
wenige Kilometer nahegerückt zu sein, so scharf zeichnen sich ihre Um¬ 
risse gegen den Horizont ab und so deutlich lassen sich schon von 
weitem alle landschaftlichen Einzelheiten unterscheiden. Noch über¬ 
raschender verschiebt sich das Bild der vertikalen Erhebungen. Terrassen 
von nicht mehr als 10—15 m Höhe stellen sich aus einiger Entfernung 
als ansehnliche Gebirgszüge, niedrige Hügel als stattliche Berge dar. 
Es ist mir hin und wieder begegnet, daß ich einen als Wegmarke auf¬ 
gestellten Stein anfänglich für einen unbeweglich dastehenden Menschen 
hielt, bis er beim Näherkommen auf seine geringe natürliche Größe 
zusammenschrumpfte; die Herstellung von Wegzeichen macht aus diesem 
Grunde wenig Schwierigkeiten, ein Steinhaufen, unter Umständen 
sogar der Unterkiefer eines Kamelskelettes genügen um den Karawanen 
als weithin sichtbares Ziel zu dienen. 
Höchst selten versteckt sich die Sonne in der regenlosen Wüste 
hinter dichtes Gewölk, meist sendet sie ihre erwärmenden Strahlen von 
einem tiefblauen, vollkommen klaren oder nur mit dünnen Feder-
	        
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