15. Jetzt war sie heran, zwischen ihr und dem Wall war nur noch des
Grabens Quere,
Da schnürten die Vordersten schnell in eins je zwölf ihrer kantigen
Speere,
Sie warfen wie Balken querüber dann die Bündel aus Speer und
Lanze,
Und über die fliegende Brücke hinweg wollten sie gegen die Schanze.
16. Umsonst; man stieß sie rücklings hinab, — es fehlte das Vrücken-
gelände, —
Da nahmen die Folgenden, springstockgleich, ihren Speerschaft in
die Hände,
Sie setzten ihn auf, und war es mißglückt im Sturmschritt vor¬
zudringen,
So sollte nun Sprung- und Hebelkraft im Flug sie hinüberschwingen.
17. Umsonst auch das; sie sprangen zu kurz; wer dennoch das Ufer
erklettert,
Der ward, unter wildem Freudengeschrei, von den Bauern zu Boden
geschmettert,
Dumpf dröhnte die Art — bis plötzlich jetzt die Freudenrufe ver¬
klangen,
Wulf Isebrand murmelte vor sich hin: „Hilf Himmel, wir sind um¬
gangen!"
18. So war's. Zu schwanken begann der Kampf, immer mächtiger wurden
die Dränger,
Da trat Gott selbst für die Schwachen ein und rief: „Ich will es
nicht länger!"
Und er schickte die Flut, die stieg am Strand bis hoch an die
Schleusenpforte,
Und rüttelte dran und rief: „Macht auf! da drinnen bin ich am Orte."
19. Die Wächter am Strande zögerten noch, da sieh, unter Schäumen
und Kochen,
— Die Hilfe Gottes kam mit Gewalt! — wurde die Schleuse
zerbrochen,
Schon über die Felder von Hemmingstedt hinbrausten Wogen und
Wetter, —
Das Meer, der Marsen alter Feind, heut' kommt er als ihr Retter.