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Das Auge gleichet der dunkeln Nacht;
Was hält es nicht alles verborgen!
Und hinter der strahlenden Sternenpracht
Lacht freundlich ein heiterer Morgen.
Das Auge gleichet dem sonnigen Strahl,
Den Gott zur Erquickung uns sendet;
Doch hat uns auch oftmals mit heißer Qual
Sein strahlender Glanz schon geblendet.
Das Auge gleichet dem himmlischen Zelt,
Das über uns alle gebreitet;
Und blickt man hinauf in die Sternenwelt,
Gleich fühlt sich das Herz auch erweitet.
Das Auge gleichet dem spiegelnden Glas,
Vom Hauche des Grams leicht erblindet;
Klar zeigt es uns stets, wie Liebe und Haß,
Wie Freude und Leid sich verbindet.
Das Auge gleichet dem edlen Metall,
Mit dem wir erfreun und belohnen;
Sein Glanz und Gepräge gilt überall,
Wo liebende Herzen nur wohnen.
Das Auge gleichet dem himmlischen Licht,
Für alle erquickend und labend;
Die Sonne im menschlichen Angesicht
Geht unter an jeglichem Abend.
Das Auge gleichet dem quellenden Born,
An dem sich so viele erquicken;
Das Auge gleicht auch dem spitzigen Dorn,
Verwundend mit stechenden Blicken.
Das Auge gleichet dem reinsten Kristall,
So klar wie des Silberstroms Wellen;
Zuweilen auch gleicht es dem Wasserfall,
Wenn Thränen des Grams ihm entquellen.
Das Auge gleicht endlich der Bühnenwelt;
Veränd'rung, wohin ich es wende;
Und wenn einst der dunkle Vorhang fällt,
Dann ist auch das Schauspiel zu Ende. A. Cosmar.