entgegen; es ist das reizende, violettblaue Leberblümchen, welches als
rechtes Frühlingsflämmchen ebenfalls blätterlos dem noch kahlen, nur
mit falbem Laub bedeckten Waldboden entsprießt. Gleich den Himmels-
schlüsfelchen ist es ebenfalls ein Liebling aller Natur- und Blumenfreunde
und wird, mit den ringsumher im Gebüsch und auf der nahen Matte
sehr zahlreich erblühenden Hain- und Wiesenanemone zusammen, von der
Jugend emsig zu hübschen Sträußchen gesammelt.
An sonnigen Stellen im Walde sind die zottigen, den Anemonen
ähnlichen, röthlichblauen Küchenschellen erblüht, nicht unschöne, doch zum
Frühlingsstrauß nicht verwendbare Blumen, weil sie übel riechen und zu¬
gleich giftig sind. Waldnessel und Reiherschnabel im Walde, Ehrenpreis,
Kresse und Schaumkraut auf den Wiesen und viele andere schließen sich
jetzt nach und nach, in großer Mannichfaltigkeit und Fülle, in vielerlei
Farben und Gestalten, prangend und duftend dem Reigen dieser Früh¬
lingskerzen an.
Im Obst- und Baumgarten haben schon früh die Aprikosen und
Pfirsiche, die an dem vor dem Nordost schützenden und von den Mit¬
tagssonnenstrahlen beprallten Wänden gezogen sind, ihre lieblichen Blü¬
ten geöffnet. Stachel- und Johannisbeersträucher folgen dann. Eine
erhabene Feier in der Natur aber gleichsam beginnt mit der Blütenent¬
wickelung aller unserer Obstbäume. Dies sind unzweifelhaft die herrlich¬
sten und großartigsten aller Frühlingssackeln, welche weithin in alle Lande
hinüberleuchten und den Beginn der schönsten Zeit verkündigen: des
Lebens wie des Jahres. Sie sind es aber auch vorzugsweise, deren
hoffnungsreicher Freudenschein jetzt tief die Menschenbrust durchdringt,
sie mit hehrer und reiner Freudensülle durchschauert und sie öffnet und
erst recht empfänglich macht für die vielen wundervollen Gaben, welche
die Natur jetzt allen lebenden Wesen spendet.
Eine wirklich außerordentlich prächtige Blütenentwickelung zeigt
die schon durch die schöne Laubentfaltung uns bekannte Roßkastanie.
Aus ihren großen, harzigen Blumenknospen erheben sich, wahrhaft hehr
und stolz, zwischen dem fröhlichen, schönen Grün der jungen Blätter,
die prachtvollen, weißen und rothgepunkteten Blütenkerzen. Kaum kann
es in der einheimischen freien Natur noch irgend ein Gebilde geben,
welches an festlich schöner Erscheinung dem so eben frisch grün belaub¬
ten und zugleich erblühten Kastanienbaum gleichkommt. ^Wer irgend
Sinn und Verständnis für die erhabene Pracht und Herrlichkeit der
Natur hat, dem wird diese Kastanie in ihrer edlen und großartigen
Schönheit wahrlich als der wundervollste Weihnachtsbaum erscheinen,
leuchtender, prächtiger und herrlicher geschmückt als irgend einer, der,
von Menschenhand aufgeputzt, in der Christnacht seine Flammen erstrah¬
len läßt.
Wer wollte es uns darum verargen, wenn wir einen Vergleich ge-