Der Erde köstlichster Gewinn
Ist frohes Herz und reiner Sinn;
Und diesen, Vater, schenke mir,
So wall' ich ruhig hin zu dir.
Wenn einst nach meines Tages Nacht,
Zu deinem Licht mein Aug' erwacht,
Dann sing' ich, himmlischer erfreut,
In jenes Lebens Seligkeit.
Seume. (Gekürzt.)
78. Morgenlied.
Verschwunden ist die finstre Nacht,
Die Lerche schlägt, der Tag erwacht,
Die Sonne kommt mit Prangen
Am Himmel aufgegangen.
Sie scheint in Königs Prunkgemach,
Sie scheinet durch des Bettlers Dach,
Und was in Nacht verborgen war,
Das macht sie kund und offenbar.
Lob sei dem Herrn und Dank gebracht,
Der über diesem Haus gewacht,
Mit seinen heil'gen Scharen
Uns gnädig wollte bewahren!
Wohl mancher schloß die Augen schwer
Und öffnet sie dem Licht nicht mehr;
Drum freue sich, wer, neu belebt,
Den frischen Blick zur Sonn' erhebt!
Schiller.
79. Nachtgebet.
Müde bin ich, geh' zur Ruh',
Schließe beide Äuglein zu;
Vater, laß die Augen dein
Über meinem Bette sein!
Hab' ich Unrecht heut' gethan,
Sieh es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad' und Jesu Blut
Macht ja allen Schaden gut.
Alle, die mir sind verwandt,
Gott, laß ruh'n in deiner Hand!
Alle Menschen, groß und klein,
Sollen dir befohlen sein!
Kranken Herzen sende Ruh',
Nasse Augen schließe zu!
Laß den Mond am Himmel steh'n
Und die stille Welt beseh'n!
Luise Hensel.
80. Gute Nacht.
Gute Nacht!
Allen Müden sei's gebracht!
Neigt der Tag sich schnell zum Ende,
Ruhen alle sleiß'gen Hände,
Bis der Morgen neu erwacht.
Gute Nacht!
Geht zur Ruh'!
Schließt die müden Augen zu!
Stiller wird es auf den Straßen,
Und den Wächter hört man blasen,
Und die Nacht ruft allen zu:
Geht zur Ruh'!
Gute Nacht!
Schlummert, bis der Tag erwacht!
Schlummert, bis der neue Morgen
Kommt mit seinen neuen Sorgen!
Ohne Furcht! Der Vater wacht!
Gute Nacht!
Körner.
81. Wie man einschlaft.
Wie man einschläft, möcht' ich wissen!
Immer drück' ich mich ins Kissen,
Denk' dabei: Jetzt geb' ich acht.
Doch, — eh' ich mich recht besonnen,
Hat der Morgen schon begonnen,
Bin schon wieder aufgewacht.
Mag ich, wenn ich will, auch fragen,
Kann es keiner mir doch sagen,
Und was soll ich denken nun? —
Viel mag in der Welt geschehen,
Was wir Menschen nicht verstehen,
Selbst oft das nicht, was wir thun.
Enslin.