Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

252 
G. A. Bürger, Der Kaiser und der Abt. 
9. Zum zweiten sollt Ihr mir berechnen und sagen: 
wie bald ich zu Rosse die Welt mag umjagen, 
um keine Minute zu wenig und viel! 
Ich weiß, der Bescheid darauf ist Euch nur Spiel. 
10. Zum dritten noch sollst du, o Preis der Prälaten, 
auss Härchen mir meine Gedanken erraten. 
Die will ich dann treulich bekennen; allein 
es soll auch kein Tüttelchen Wahres dran sein. 
11. Und könnt Ihr mir diese drei Fragen nicht lösen, 
so seid Ihr die längste Zeit Abt hier gewesen; 
so lass' ich Euch führen zu Esel durchs Land, 
verkehrt, statt des Zaumes den Schwanz in der Hand." 
12. Drauf trabte der Kaiser mit Lachen von hinnen. 
Das Pfäfflein zerriß und zerspliß sich mit Sinnen; 
kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwulität, 
der vor hochnotpeinlichem Halsgericht steht. 
13. Er schickte nach ein, zwei, drei, vier Un'vers'täten; 
er fragte bei ein, zwei, drei, vier Fakultäten; 
er zahlte Gebühren und Sportuln vollauf, 
doch löste kein Doktor die Fragen ihm auf. 
14. Schnell wuchsen bei herzlichem Zagen und Pochen 
die Stunden zu Tagen, die Tage zu Wochen, 
die Wochen zu Monden; schon kam der Termin: 
ihm ward's vor den Augen bald gelb und bald grün. 
15. Nun sucht' er, ein bleicher, hohlwangiger Werther, 
in Wäldern und Feldern die einsamsten Örter; 
da traf ihn auf selten betretener Bahn 
Hans Bendix, sein Schäfer, am Felsenhang an. 
16. „Herr Abt," sprach Hans Bendix, „was mögt Ihr Euch grämen? 
Ihr schwindet ja wahrlich dahin wie ein Schemen! 
Maria und Joseph! wie hotzelt Ihr ein! 
Mein Sixchen, es muß Euch was angetan sein." — 
17. „Ach, guter Hans Bendix, so muß sich's wohl schicken; 
der Kaiser will gern mir am Zeuge was flicken 
und hat mir drei Nüss' auf die Zähne gepackt, 
die schwerlich Beelzebub selber wohl knackt. 
18. Zum ersten: Wann hoch er im fürstlichen Rate 
zu Throne sich zeiget im Kaiserornate, 
dann soll ich ihm sagen, ein treuer Wardein, 
wie viel er wohl wert bis zum Heller mag sein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.