Full text: [Teil 3 = (6. und 7. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 3 = (6. und 7. Schuljahr), [Schülerband])

108. Der Weichensteller. 
Karl Freiherr von Berlepsch: Neuer deutscher Balladenschatz. 
1. Und nun noch der Schnellzug nach Tharleroi! 
In fünf Minuten schon ist er da! — 
Lr trottet hinaus zum äußersten Lud', 
Die letzte Weiche zu stellen behend. 
Im Schnee seine Tritte knarren, 
Die Nacht ist kalt zum Erstarren. 
2. Bald lädt bei traulichem Lampenschein 
Die warme Stube den Müden ein- 
Lin Nuß vergilt ihm des Tages (Hual, 
Lin liebendes Weib und ein einfach Mahl: 
Vann werden am Bettchen sie stehen 
Und das Bübchen schlummern sehen. '— 
3. hei, wie der Dstwind eisig pfeift, 
Wie’s tief durchs wollene Wams ihm greift! 
Line rote Lampe! Nun ist er zur Stell’. 
Nur schnell! 
Zern sind zwei Lichter erschienen, 
Schon stoßen und stampfen die Schienen. 
4. Der Zug! L§ war die höchste Zeit! 
Doch was ist das? Barmherzigkeit! 
Der Hebel dreht sich im Bügel zu leicht, 
Und wie er in Lile sich niederneigt, 
Da hat es ganz leise geklungen, 
Das eiserne Band ist zersprungen! — 
5. verzweifelt preßt er die Hand an die Stirn, 
Lin einz’ger Gedanke durchzuckt sein Hirn: 
Der Zug! Und braust er die falsche Bahn, 
So ist es um ihn und die Menschen getan! 
Denn kaum minutenlang weiter 
Nast ihm entgegen ein zweiter! — 
6. Da wirft sich zwischen die Schienen der Mann, 
preßt dicht seinen Leib an das Lisen an 
Und dehnt und stemmt sich mit Niesenkraft — 
Lin gewaltiger Druck! — Nun ist es geschafft! 
Db lebendig oder als Leiche, 
Lr liegt eine knöcherne Weiche! — _
	        
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