87
98. Kaiser Wilhelm I.
Von Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
1. Wer ist der greise Siegesheld,
Der uns zu Schutz und Wehr
Fürs Vaterland zog in das Feld
Mit Deutschlands gauzem Heer?
Wer ist es, der vom Vaterland
Den schönsten Dank empfing,
Vor Frankreichs Hauptstadt siegreich
stand
Und heim als Kaiser ging?
Du edles Deutschland, freue dich!
Dein König, hoch und ritterlich.
Dein Kaiser Wilhelm ist's.
2. Wer hat für dich in blut'ger
Schlacht
Besiegt den ärgsten Feind?
Wer hat dich groß und stark gemacht,
Dich brüderlich geeint?
Wer ist, wenn je ein Feind noch droht,
Dein bester Hort und Schutz?
Wer geht für dich in Kampf und Tod,
Der ganzen Welt zu Trutz?
Du edles Deutschland, freue dich!
Dein König, hoch und ritterlich,
Dein Kaiser Wilhelm ist's.
Ernstes und Heiteres aus Kinder- und Menschenleben.
99. Die wandelnde Glocke.
Von Joh. Wolfgang Goethe.
1. Es war ein Kind, das wollte nie
Zur Kirche sich bequemen,
Und Sonntag fand es stets ein Wie,
Den Weg ins Feld zu nehmen.
2. Die Mutter sprach: „Die Glocke
tönt,
Und so ist dir's befohlen,
Und hast du dich nicht hingewöhnt,
Sie kommt und wird dich holen."
3. Das Kind, es denkt: „Die Glocke
hängt
Da droben auf dem Stuhle."
Schon hat's den Weg ins Feld gelenkt,
Als lief es aus der Schule.
4. „Die Glocke, Glocke tönt nicht
mehr,
Die Mutter hat gefackelt."
Doch welch ein Schrecken hinterher!
Die Glocke kommt gewackelt.
6. Sie wackelt schnell, man glaubt
es kaum;
Das arme Kind im Schrecken,
Es lauft, es kommt als wie im
Traum;
Die Glocke wird es decken.
6. Doch nimmt es richtig seinen
Husch,
Und mit gewandter Schnelle
Eilt es durch Anger, Feld und Busch
Zur Kirche, zur Kapelle.