Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

Kap. 50. § 190. Die Augsburgsche Konfession. 173 
aber Luther, der in mehreren Ansichten Zwinglis, vor allem in dessen 
Abendmahlslehre —- Abweichungen vom wahren Glaubensgrunde sah, riet 
davon ab. Um daher eher zum Zweck zu kommen, suchte der Landgraf 
von Hessen zunächst die streitenden Theologen zu vereinigen, und lud sie 
daher noch in demselben Jahre zu einem Religionsgespräch nach Mar¬ 
burg. Allein Luther nnd Zwingli konnten sich dabei über die Lehre 
vom heiligen Abendmahl nicht einigen, und obwohl sie persönlich in 
Liebe schieden, so blieb doch die längst eingetretene verhängnisvolle Tren¬ 
nung der Protestanten in Lutheraner und Reformierte fortbestehen; 
ja sie schärfte sich in der Folge nur noch mehr. 
Kap. 50. Die Augsburgsche Konfession und der schmalkaldische Bund. 
(Gesch. d. W. XIX. 7, 1 u. 2; 8, 1.) 
(190.) Da man den Kaiser, der die Protestation nicht angenommen 
hatte, immer strenger auftreten sah, so entstand unter den lutherschen 
Ständen die Frage über das Recht des Widerstandes gegen das 
Reichsoberhaupt. Obgleich die sächsischen Juristen dieses Recht behaup¬ 
teten, so erklärte doch Luther, daß dasselbe nicht in der heiligen 
Schrift gegründet sei und der wahre Glaube sich von politischen 
Absichten rein erhalten müsse. Die evangelischen Stände sahen das 
ein und traten aus „reiner, großartiger Gewissenhaftigkeit" von jedem 
gewaltthätigen Vorhaben ab. 
Wie sehr gut aber Luther Geistliches und Weltliches zu scheiden wußte, ersieht man 
an seinem Aufruf an die Fürsten, daß sie die dem deutschen Vaterlande von 
den Türken furchtbar drohende Gefahr gemeinsam durch das Schwert abwehren 
und Gott zu Ehren mit ihrem Kaiser in den Krieg ziehen sollten. Schon waren nämlich 
die Türken unter Koliman (Suleiman) II oder dem Prächtigen (1520—1506), nachdem 
sie 1521 Belgrad erobert, 1522 den Johannitern Rhodus entrissen, und 1526 den König 
Ludwig von Ungarn bei Mohacs besiegt hatten, als Bundesgenossen des sieben-? 
bürgischen Woywoden Zapolija, 1529 in Deutschland eingedrungen und belagerten 
Wien. _ Doch ehe noch das deutsche Hauptheer dort anlangte, bewog die ausdauernde 
Verteidigung der Stadt die Türken zum Abzug. Ungarn jedoch blieb in Solimans 
Händen, und wenn auch Ferdinand einige Grenzplätze wieder gewann oder behauptete, 
so konnte er doch aus Mangel an Geld seine dortigen Anhänger nicht unterstützen. 
Als hierauf der Kaiser, der unterdes während einer fast neunjährigen 
Abwesenheit durch glückliche Kriege gegen den französischen König Franz I 
und durch Beilegung seiner Streitigkeiten mit dem Papst sein Über¬ 
gewicht in Italien befestigt hatte (§ 195—196), persönlich wieder nach 
Deutschland zum bevorstehenden Reichstag >zu kommen im Begriff war, so 
beschlossen die protestantischen Stände öffentlich darzuthun, daß sie keine 
neue Kirche stiften, sondern nur die alte gereinigt wiederher¬ 
stellen wollten. Sie übergaben daher auf dem Reichstag ;u Augsburg 1530 
vor Kaiser und Reich ihr Glaubensbekenntnis, das — auf den Grund von^o. Juni. 
13 Artikeln Luthers in Übereinstimmung mit der heiligen Schrift und 
mit den drei ältesten Kirchenbekenntnissen — von Melanchthon auf das 
gewissenhafteste und wohlerwogenste in 28 Artikeln abgefaßt war und nun 
den Namen Augsburgsche Confession erhielt. 
Die „Augustana" war jedoch bei ihrer Übergabe nur von den fünf Fürsten, die 
auch zu Speier protestiert hatten, und nur von zwei Städten, Nürnberg und Reut¬ 
lingen, unterzeichnet. Luther, der sich damals, als geächtet, in Cobu»g aufhielt, 
hatte sie vorher gebilligt. — Die Städte Straßburg, Konstanz, Mem-
	        
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