einer ungehörigen Anmaßung. Solche Kritik seiner Feldherrnkunst
verbitte er sich. Das sei seine Sache. Für Zufuhr sei gesorgt.
Die gefürchteten Straßen würden sie ja bald aus eigener Anschauung
kennen lernen. Die Behauptung, daß die Soldaten ihm den Ge¬
horsam verweigern würden, könne ihm gar keinen Eindruck machen.
Das sei wohl vorgekommen, aber nur, wenn der Feldherr sich Dinge
vorzuwerfen gehabt hätte, von denen er sich frei wisse, oder wenn
eine bedenkliche Niederlage das Zutrauen in das Glück erschüttert
hätte. Sein Kriegsglück kenne man aus dem Kriege gegen die
Helvetier.
Kurz und gut: eigentlich habe er noch mit dem Aufbruche warten
wollen, jetzt aber werde er schon in der zweiten Hälfte der nächsten
Nacht weiterziehen, damit er möglichst bald darüber Klarheit habe,
was in ihnen stärker sei, das Pflichtgefühl oder die Angst. Und
wenn weiter niemand mitkäme, dann werde er mit der zehnten
Legion allein vorrücken: an deren unbedingter Treue und Ergebenheit
zweifle er nicht. Sie solle dann seine Leibgarde sein.
Der zehnten Legion hatte Cäsar immer ein besonderes Wohl¬
wollen erwiesen und hatte auch das größte Zutrauen zu ihrer
Tüchtigkeit.
Diese Rede schlug durch und führte einen vollständigen Um¬
schwung der Stimmung herbei: an Stelle der Mutlosigkeit trat wie
durch ein Wunder Zuversicht und Kampfeslust. Zuerst schickte die
zehnte Legion ihre Militärtribunen zu Cäsar und bedankte sich für
das günstige Urteil, das er über sie gefällt habe. Er könne sicher
sein: sie ginge mit! Darauf besprachen sich die übrigen Legionen
mit ihren Offizieren und forderten sie auf, bei Cäsar ein gutes
Wort einzulegen: sie hätten nie den Mut verloren, auch sei es ihnen
gar nicht eingefallen, sich einen Eingriff in die Rechte des Feld¬
herrn anzumaßen.
Cäsar nahm ihre Entschuldigung in Gnaden an. Dann ließ
er durch den Gallier Divitiacus, dem er trauen zu können glaubte,
einen Weg feststellen, der zwar einen Umweg bedeutete, aber dafür
nicht durch Wald, sondern durch übersichtliches Gelände führte,
und brach, wie er es angekündigt hatte, in der zweiten Hälfte der
nächsten Nacht auf, den Germanen entgegen.