§ 101. 
Die deutsche Einigung. 
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wurde der König von Preußen, Bundeskanzler Graf Bismarck; 
gesetzgebende Versammlungen waren der aus den Vertretern der Re- 
gierungen bestehende Bundesrat und der durch allgemeines Stimm- 
recht gewählte Reichstag. Die süddeutschen Staaten (Baden, Württem- 
berg, Bayern, Hessen) schlössen mit dem Norddeutschen Bunde Schutz- 
und Trutzbündnisse und stellten ihre Truppen für den Fall eines 
.Krieges unter preußischen Oberbefehl. 
Auch die österreichischen Staatsverhältnisse wurden 1867 neu geordnet. 
Das Reich zerfällt seitdem in zwei Hälften: a) Deutsch-Österreich (Zis- 
leithanien) mit einem Ministerium und dem Reichsrat in Wien: b) die 
Länder der ungarischen Krone (Transleithanien) mit einem Ministerium 
und dem Reichstag in Budapest. Die gemeinsamen Angelegenheiten werden 
von einem besonderen Ministerium und den Delegationen verwaltet. 
6. Der Deutsch-Französische Arieg, 1870—71. a) Ursachen. Das 
Ansehen Frankreichs hatte durch die mexikanische Angelegenheit arg 
gelitten; dagegen überstrahlte Königgrätz Magenta und Solferino; in 
die Streitfragen von 1864 und 66 hatte sich Frankreich nicht einmal 
ernstlich einmischen können. Darum predigten die Zeitungen „Rache für 
Sadowa" und verlangten als Entschädigung für die preußischen Er- 
folge die Rheingrenze. Auch die Kaiserin wirkte in diesem Sinne auf 
ihren Gemahl und die Minister ein.*) Napoleon hatte versprochen, „daß 
die Freiheit sein Staatsgebäude krönen werde". Statt dies Versprechen 
zu halten, hoffte er die Unzufriedenen, die ihn immer dringlicher 
daran erinnerten, durch einen Sieg über Preußen zu beschwichtigen. 
b) Veranlassung. Die Spanier übertrugen ihren erledigten 
Königsthron dem Prinzen Leopold von Hohenzollern. Daß das 
Hohenzollerngeschlecht auch in Spanien regieren sollte, war mehr, als 
die französische Eitelkeit ertragen konnte. Um aber nicht die unschuldige 
Veranlassung eines furchtbaren Krieges zu sein, verzichtete Prinz 
Leopold freiwillig auf die spanische Krone. Nun verlangte Napoleons 
Gesandter Benedetti von dem im Bade Ems weilenden König 
Wilhelm das Versprechen, in Zukunft eine etwaige Erneuerung der 
hohenzollernschen Thronkandidatur nicht zugeben zu wollen, eine Zu- 
mutung, die der König mit ruhiger Würde zurückwies. Da erfolgte 
die französische Kriegserklärung am 19. Juli 1870. 1870. 
e) Vorbereitungen. An demselben Tage erflehte König Wil- 
Helm am Grabe seiner unvergeßlichen Mutter den Segen des Himmels 
für die schwere Zeit und erneuerte den Orden des Eisernen Kreuzes. 
Aus ganz Deutschland vernahm er zahllose Beweise vaterländischer 
Gesinnung und Hingebung, wie sie kaum 1813 größer gewesen war. 
*) „Quand aurai-je ma guerre, ma jolie petite guerre?"
	        
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