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wurde. Die Argonaten hörten schon von fern das Krachen
der an einander schlagenden Felsen und das Zischen des
zwischen ihnen eingepressten Meeres. Als sie sich dem Ein¬
gänge näherten, liessen sie eine Taube fliegen; denn ein
Seher hatte ihnen geweissagt, dass, wenn diese sich hinein¬
wagte und glücklich hindurchkäme, auch ihr Schilf wohl¬
behalten durchsegeln würde. Die Taube flog in den gefähr¬
lichen Engpass hinein und erreichte das Ende desselben, als
eben die Felsen wieder krachend zusammenschlugen; nur die
äussersten Schwanzfedern wurden ihr abgeklemmt. Ermuthigt
durch dieses glückliche Zeichen, ruderten die Helden ihr
Fahrzeug wüthig vorwärts, als die Felsen sich wieder öffneten.
Turmhohe Wellen wälzten sich ihnen entgegen, so dass das
Schilf mit Macht emporgeschleudert wurde und dann eben
so rasch wieder in die Tiefe sank. Sie arbeiteten, dass die
Ruder sich krümmten ; dennoch wären sie verloren gewesen,
wenn nicht ihre Schutzgöttin Athene in dem Augenblick, als
die Felsen sich wieder Schliessen wollten, das Fahrzeug mit
einem gewaltigen Stoss vorwärts getrieben hätte. So er¬
reichten sie glücklich das offene Meer, und nur das äusserste
Ende des Steuerruders wurde von den zusammenstossenden
Felswänden zermalmt.
Unter solchen Abenteuern kamen die Argonauten end¬
lich nach Kolchis. Der König Äetes war ein wilder, grau¬
samer Mann, der fast alle an seiner Küste landenden Fremden
todten liess. Nur seiner Tochter Medea, einer Zauberin,
welche von ihrer Mutter die Kräfte aller Kräuter kennen
gelernt hatte, gelang es bisweilen, durch List oder Über¬
redung die unglücklichen Fremden zu retten. Endlich aber
hatte sie vor dem grausamen Vater entfliehen müssen und
irrte gerade damals, als die Argonauten sich dem Ufer
näherten, am Strande des Meeres verlassen umher. Von ihr
erfuhren die Griechen, welchen Gefahren sie entgegen gingen;
als aber Jason der Medea versprach, sie als seine Gattin
mit nach Griechenland zu nehmen und sie sein Leben lang
nicht zu verstossen, sagte diese ihm ihre Unterstützung bei