Full text: [Teil 5 = [Kl. 5], [Schülerband]] (Teil 5 = [Kl. 5], [Schülerband])

Das Volk ist ständisch gesondert: Edle, Freie, Freigelassene, Sklaven. 
Die Freien sind der Kern des Volks, das Volk selbst. Freigelassene 
und Sklaven, soweit diese nicht die Dienste des Hauses zu besorgen 
haben, empfangen Äcker und bauen sie zum eigenen Unterhalt, zum 
Nutzen des Herrn. Und bei allen Stämmen ist der Ackerbau bekannt. 
Da er eine Hauptquelle des Unterhalts ist, so kommt es ihnen allezeit 
auf festen Grundbesitz am meisten an. Völkerschaften, die die heimischen 
Sitze verlassen haben und kriegerischem, unstetem Leben sich hingeben, 
suchen doch immer wieder feste Wohnsitze zu erlangen; daß ist ihr 
Streben, ihre Forderung, wohin sie kommen. Und wenn sie solche ge¬ 
wonnen haben, richten sie sich schnell und leicht auf fremdem Boden ein, 
lernen auch unter anderem als dem heimischen Himmel die Früchte bauen, 
deren sie zum Leben bedürfen. 
Dem entsprach auch die ganze Art des Lebens. Nicht in Städten 
wohnten sie beisammen, sie duldeten keine geschlossenen Wohnsitze unter 
sich; sie liebten es, sich zerstreut anzusiedeln, wie ihnen Quell', Flur und 
Hain gefielen. — So Tacitus." 
Im einzelnen bedarf dieses Bild noch der Erläuterung und Er¬ 
gänzung. Es könnte nach dem zuletzt Gesagten scheinen, als ob die 
Germanen auf Einzelhöfen gewohnt hätten; das war nicht der Fall, 
wenigstens nicht in unserem Lande. Die Grundlage einer geselligen 
Ordnung bildete hier wie in ganz Niederdeutschland die Feldgemein¬ 
schaft, durch welche gleich ursprünglich die Dörfer geschaffen wurden. 
Eine Anzahl von gleichberechtigten Familienhäuptern nahm die ihr zu¬ 
gewiesene Feldmark in Besitz. Dabei war die Grundidee, daß der ein¬ 
zelne nur Nutznießer seiner Ackerlündereien sei, die Gemeinde aber das 
Eigentumsrecht der ganzen Feldmark habe. — Diese Anschauung hatte 
man herübergenommen aus der älteren Zeit, wo Viehzucht noch die 
Hauptsache war und die Äcker gemeinsam bestellt und die Feldfrüchte 
nachher unter die Gesamtheit verteilt wurden. Auch als man dazu über¬ 
ging, die Äcker zu verteilen, konnte der einzelne wohl sagen, ein wie 
großer Anteil vom Ganzen ihm gehörte, nicht aber, daß gerade dieses 
Stück Ackerland sein Eigentum sei, da er sich einen Wechsel des Besitzes 
gefallen lassen mußte. Es scheint, daß dieser Wechsel sich sogar auf die 
Häuser erstreckte, die übrigens alle in der gleichen Art gebaut waren. 
Als die Stämme zur Ruhe gekommen waren, geschah die Anlage eines 
Dorfes in folgender Weise: Das erste Geschäft bestand darin, einen 
passenden Platz für die Wohnsitze selbst ausfindig zu machen. Jeder 
Bauer, Hufner (dänisch Bootsmann) erhielt im Dorfe sein Haus nebst 
Hofplatz und Garten und in unmittelbarer Nähe die eingezäunte Haus¬ 
koppel. Nur diese Stücke waren freier Privatbesitz, mit dem er nach 
Belieben schalten und walten konnte. Das Ganze nannte man im 
Norden „Tost". Die Toste mußten alle von gleicher Größe und Güte
	        
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