Das Volk ist ständisch gesondert: Edle, Freie, Freigelassene, Sklaven.
Die Freien sind der Kern des Volks, das Volk selbst. Freigelassene
und Sklaven, soweit diese nicht die Dienste des Hauses zu besorgen
haben, empfangen Äcker und bauen sie zum eigenen Unterhalt, zum
Nutzen des Herrn. Und bei allen Stämmen ist der Ackerbau bekannt.
Da er eine Hauptquelle des Unterhalts ist, so kommt es ihnen allezeit
auf festen Grundbesitz am meisten an. Völkerschaften, die die heimischen
Sitze verlassen haben und kriegerischem, unstetem Leben sich hingeben,
suchen doch immer wieder feste Wohnsitze zu erlangen; daß ist ihr
Streben, ihre Forderung, wohin sie kommen. Und wenn sie solche ge¬
wonnen haben, richten sie sich schnell und leicht auf fremdem Boden ein,
lernen auch unter anderem als dem heimischen Himmel die Früchte bauen,
deren sie zum Leben bedürfen.
Dem entsprach auch die ganze Art des Lebens. Nicht in Städten
wohnten sie beisammen, sie duldeten keine geschlossenen Wohnsitze unter
sich; sie liebten es, sich zerstreut anzusiedeln, wie ihnen Quell', Flur und
Hain gefielen. — So Tacitus."
Im einzelnen bedarf dieses Bild noch der Erläuterung und Er¬
gänzung. Es könnte nach dem zuletzt Gesagten scheinen, als ob die
Germanen auf Einzelhöfen gewohnt hätten; das war nicht der Fall,
wenigstens nicht in unserem Lande. Die Grundlage einer geselligen
Ordnung bildete hier wie in ganz Niederdeutschland die Feldgemein¬
schaft, durch welche gleich ursprünglich die Dörfer geschaffen wurden.
Eine Anzahl von gleichberechtigten Familienhäuptern nahm die ihr zu¬
gewiesene Feldmark in Besitz. Dabei war die Grundidee, daß der ein¬
zelne nur Nutznießer seiner Ackerlündereien sei, die Gemeinde aber das
Eigentumsrecht der ganzen Feldmark habe. — Diese Anschauung hatte
man herübergenommen aus der älteren Zeit, wo Viehzucht noch die
Hauptsache war und die Äcker gemeinsam bestellt und die Feldfrüchte
nachher unter die Gesamtheit verteilt wurden. Auch als man dazu über¬
ging, die Äcker zu verteilen, konnte der einzelne wohl sagen, ein wie
großer Anteil vom Ganzen ihm gehörte, nicht aber, daß gerade dieses
Stück Ackerland sein Eigentum sei, da er sich einen Wechsel des Besitzes
gefallen lassen mußte. Es scheint, daß dieser Wechsel sich sogar auf die
Häuser erstreckte, die übrigens alle in der gleichen Art gebaut waren.
Als die Stämme zur Ruhe gekommen waren, geschah die Anlage eines
Dorfes in folgender Weise: Das erste Geschäft bestand darin, einen
passenden Platz für die Wohnsitze selbst ausfindig zu machen. Jeder
Bauer, Hufner (dänisch Bootsmann) erhielt im Dorfe sein Haus nebst
Hofplatz und Garten und in unmittelbarer Nähe die eingezäunte Haus¬
koppel. Nur diese Stücke waren freier Privatbesitz, mit dem er nach
Belieben schalten und walten konnte. Das Ganze nannte man im
Norden „Tost". Die Toste mußten alle von gleicher Größe und Güte