Full text: [Teil 5 = (6. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 5 = (6. Schuljahr), [Schülerband])

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die geräuschvollsten Straften, so kann er sich über die Bedeutung der Redens¬ 
art klar werden: es ist so laut, daft man sein eigenes Wort nicht verstehen 
kann. Wählt der Fremde Berlin zu einem dauernden Aufenthalte, und 
mietet er sich in einem der gewöhnlichen Häuserkolosse ein, so ist's ihm 
anfangs wohl recht ungemütlich hier. Er wohnt unter einem Dach mit 
hundert Leuten oder mehr, von denen er nichts weift und die von ihm 
nichts wissen und zu wissen begehren, hier grüften ihn die Nachbarn nicht, 
nicht einmal die, welche in gleichem Stockwerke des Hauses neben ihm 
wohnen. Allmählich erst gewöhnt er sich an das Leben in der graften Welt¬ 
stadt, und später ist's ihm vielleicht lieb, daft er mitten im dichten Menschen¬ 
gewühl einsam bleiben und ungestört seine Wege gehen kann, ohne zu 
sorgen, was dieser oder jener dazu sagt. 
Welche Sehenswürdigkeiten bietet eine Wanderung durch die Stadt! 
Mit der alten Stadtmauer sind auch die Tore verschwunden bis auf eins, 
das berühmte Brandenburger Tor am Tiergarten. Der prächtige Sand¬ 
steinbau mit seinen fünf Durchgängen trägt die Siegesgöttin auf einem 
von vier Rossen gezogenen Triumphwagen. An sie knüpft sich ein bedeu¬ 
tungsvolles Stück preußischer Geschichte. Im Jahre 1807 wurde sie von 
den Franzosen nach Paris gebracht, allein 1814 von den Preußen zurück¬ 
geholt und wieder an ihrem alten Platze aufgestellt. Seitdem führt sie 
das Viergespann — umgekehrt wie vor 1807 — der Stadt zu, und in die 
Spitze ihres adlergekrönten Stabes ward das Eiserne Rreuz eingefügt, vom 
Brandenburger Tore aus treten wir in die bis zu dem Röniglichen Schlosse 
führende schönste Strafte Berlins „Unter den Linden", die über 1000m 
lang und fast 50 m breit ist. In der Mitte schmückt sie eine vierfache Baum¬ 
reihe und eine Promenade,' daneben ist sie mit Fahrwegen und Fußsteigen 
und auch mit einem Wege zum Reiten versehen, hier liegt der Palast 
Raiser Wilhelms I.; hier sieht man eine Reihe der glänzendsten Verkaufs¬ 
läden, einige der ersten Gasthöfe und zahlreiche sonstige Prachtbauten. 
Wahrlich, wir sind in einer Stadt der Paläste! Da sind die Akademie, die 
Universität, das Opernhaus, die Ruhmeshalle mit ihrer großartigen 
Waffensammlung, den erbeuteten Siegeszeichen und den Büsten und 
Statuen preußischer Feldherren und Herrscher. Die Schloßbrücke, die 
schönste unter den vielen Brücken Berlins, führt uns zu dem anmutigen 
Platze, welcher der Lustgarten heißt. Auf der Südseite erhebt sich das 
Rönigliche Schloß. Rein Fürstenschloß Europas macht einen so überwäl¬ 
tigenden Eindruck auf den Beschauer wie dieser gewaltige Bau. Unter 
seinen sechshundert Zimmern sind glänzende Säle mit Marmorbildern und 
Gemälden, mit prunkgefäßen aus Gold und Silber,- in dem berühmtesten 
unter allen, dem Weiften Saale, wurde am 21. März 1871 von Kaiser 
Wilhelm der erste Reichstag des neuerstandenen Deutschen Reiches eröffnet.
	        
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