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Jesu nicht aufmerksamer zugehört haben, als die
Studenten dem Melanchthon.
Gepredigt har er nie, so sehr ihn Luther auch
dazu ermunterte; durch seine Anweisung zur Be-
redtsamkeit aber Prediger gebildet, auch viel Pre¬
digten für Andre ausgearbeitet.
Die ihm so oft bitter vorgerückte Furchtsam-
keit war nicht von der gewöhnlichen Art. Denn
Melanchthon reifete viel und allein, sprach ohne
Scheu auf Rcligionskonventen und stillte einst
selbst einen nächtlichen Studeutentumulr. Sein
Nachgebcn aber, wo Streit, seine Bedenklich¬
keiten, wo Unrecht vermieden werden konnte,
möchte man eher ein ausserst scharfes Pflichtge¬
fühl, ein kluges Schicken in die Umstände, als
Furchtsamkeit nennen. Wenigstens gewann er
damit der Reformation nicht selten Herzen, wel¬
che Luthers Ungestüm abschreckte.
Am meisten, und nicht ganz ohne Grund,
beschuldigt man ihn der Veränderlichkeit in
seinen Ueberzeugungen. Aber diese war nicht
Folge von Schwäche, sondern von einem sieten
Prüfen dessen, was er als wahr erkannte.
Seiner grosen Verdienste ungeachtet, ward
er, und zwar am meisten von protestantischen
Theologen, .geschmähet und gelästert. Daher
gab.er gewis mit vollem Herzen, kurz vor seinem
Ende, unter den schriftlich entworfenen Ursachen,
warum er gern sterbe, auch diese mit an: Er
werde