Full text: Mit einem kolorirten Kupfer (Theil 2)

279 
Jesu nicht aufmerksamer zugehört haben, als die 
Studenten dem Melanchthon. 
Gepredigt har er nie, so sehr ihn Luther auch 
dazu ermunterte; durch seine Anweisung zur Be- 
redtsamkeit aber Prediger gebildet, auch viel Pre¬ 
digten für Andre ausgearbeitet. 
Die ihm so oft bitter vorgerückte Furchtsam- 
keit war nicht von der gewöhnlichen Art. Denn 
Melanchthon reifete viel und allein, sprach ohne 
Scheu auf Rcligionskonventen und stillte einst 
selbst einen nächtlichen Studeutentumulr. Sein 
Nachgebcn aber, wo Streit, seine Bedenklich¬ 
keiten, wo Unrecht vermieden werden konnte, 
möchte man eher ein ausserst scharfes Pflichtge¬ 
fühl, ein kluges Schicken in die Umstände, als 
Furchtsamkeit nennen. Wenigstens gewann er 
damit der Reformation nicht selten Herzen, wel¬ 
che Luthers Ungestüm abschreckte. 
Am meisten, und nicht ganz ohne Grund, 
beschuldigt man ihn der Veränderlichkeit in 
seinen Ueberzeugungen. Aber diese war nicht 
Folge von Schwäche, sondern von einem sieten 
Prüfen dessen, was er als wahr erkannte. 
Seiner grosen Verdienste ungeachtet, ward 
er, und zwar am meisten von protestantischen 
Theologen, .geschmähet und gelästert. Daher 
gab.er gewis mit vollem Herzen, kurz vor seinem 
Ende, unter den schriftlich entworfenen Ursachen, 
warum er gern sterbe, auch diese mit an: Er 
werde
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.