20 18. York an Friedrich Wilhelm 111. 3. Januar 1813
Sie die Erhaltung oder Ketablierung Ihrer Staaten als Geschenk an¬
nehmen müßten.
Lw. Majestät lege ich willig meinen Kopf zu Füßen, wenn ich
gefehlt haben sollte - ich würde mit der freudigen Beruhigung sterben,
wenigstens nicht als treuer Untertan und wahrer Preuße gefehlt zu
haben. Jetzt oder nie ist der Zeitpunkt, wo Lw. Majestät Sich von den
übermütigen Forderungen eines Alliierten losreißen können, dessen
Pläne mit Preußen in einem mit Recht Besorgnis erregenden Dunkel
gehüllt waren, wenn das Glück ihm treu geblieben wäre. Diese Anficht
hat mich geleitet. Gebe Gott, daß sie zum heile des Vaterlandes führt.
York.
18. t)orf an Friedrich Wilhelm III. Tilsit, 3. Januar 1813.1)
.. . Der Schritt, den ich getan, ist ohne Befehl Lw. Majestät ge¬
schehen?) Die Umstände und wichtige Rücksichten müssen ihn aber für
die Mit- und Nachwelt rechtfertigen, selbst dann, wenn die Politik er¬
heischt, daß meine Person verurteilt werden muß. 3n der tage, roo
sich das Korps befand, war es mit mathematischer Gewißheit zu berech¬
nen, daß es durch Gewaltmärsche und verzweiflungsvolles Schlagen wo
nicht gänzlich vernichtet, doch aufgelöst an der Weichsel ankommen mußte.
Der Rückzug des Marschalls, der eine gänzliche Flucht war, die letzten
Gefechte, so die französischen Generale angeordnet, bestätigen das Ge¬
sagte und zeigen deutlich, was zu erwarten stand. 3n dieser Alternative
blieb mir nur der Weg offen, den ich eingeschlagen. . . . Lw. Königlichen
Majestät Monarchie, obgleich beengter als im Jahre 1805, ist es jetzt
vorbehalten, der Erlöser und Beschützer Ihres und aller deutschen Völker
zu werden. (Es liegt zu klar am Tage, daß die hanö der Vorsehung
das große Werk leitet. — Der Zeitpunkt muß aber schnell benutzt wer¬
den. Jetzt oder nie ist der Moment, Freiheit, Unabhängigkeit und Größe
wieder zu erlangen, ohne zu große und zu blutige Opfer bringen zu
müssen. 3n dem Ausspruch Lw. Majestät liegt das Schicksal der Welt.
Die Hegotiations, so Lw. Majestät Weisheit vielleicht schon angeknüpft,
1) 3oh. ©ust. Droqfen a a. D. I, 301 f.
2) Die Frage, ob York die Konvention von Tauroggen nicht doch auf
Grund einer geheimen Instruktion des Königs abgeschossen hat, ist in der letzten
Zeit lebhaft erörtert worden. Die neueste Untersuchung, die auch einen Literatur¬
nachweis enthält (v. 3anson, Das Verdienst um die Konvention von Tauroggen,
Beiheft zum Militär-Wochenblatt 1912, fjeft 10) faßt den heutigen Stand des
Problems zusammen in die Worte: „Der König hat York eine geheime Weisung
zukommen lassen, was York tat, war aber etwas anderes. Yorks rettende Tat
ist wirklich sein eigenes Verdienst, wenn er auch einen gewissen inneren Zu¬
sammenhang mit jener Weisung gefühlt haben sollte." vgl. Fr. Thimme, Zum
hundertsten 3ahrestag der Konvention von Tauroggen in „Vergangenheit und
Gegenwart" 1912, Heft 6, S. 345 ff.