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Diese wurden mit der Wut der Verzweiflung von den Bürgern
der Stadt verteidigt. Da gab Scipio den Befehl, die drei
Straßen, welche bereits mit Toten und Sterbenden bedeckt
waren, in Brand zu stecken, und alle, welche das Schwert der
Römer verschont hatte, besonders Weiber, Kinder und Greise,
stürzten mit den zusammenkrachenden Häusern in das Feuer¬
meer hinab. Sechs fürchterliche Tage und Nächte dauerte das
Werk der Zerstörung, indem die Truppen sich ablösten, um
nicht durch beständige Anstrengung zu ermüden, während Scipio
unablässig thätig war, überall selbst teilnehmend und leitend,
bis er entkräftet niedersank und von der Höhe herab den Schau¬
platz der Verwüstung überblickte. Am siebenten Tage erschienen
vor ihm Abgeordnete aus der Burg und baten um freien
Abzug für die, welche die Burg verlassen wollten; denn obgleich
Hasdrubal noch an reichbesetzter Tafel schwelgte und die an¬
nehmlichen Bedingungen, welche ihm Scipio anbieten ließ, wenn
er die Burg ausliefere, mit Verachtung zurückwies, so ließ doch
der immer drückender werdende Mangel voraussehen, daß man
sich nicht lange mehr würde halten können. Scipio gewährte
ihnen die Bitte, nur die (900) Überläufer nahm er aus.
Diese flohen mit Hasdrubal und dessen Familie in den Tempel
des Äskulap. Hasdrubal verteidigte sich mit seiner kleinen
Schar eine geraume Zeit, da der Tempel auf dem höchsten
Felsengipfel lag. Als aber Hunger und fortwährende An¬
strengung die Kräfte der Besatzung aufgerieben hatten, floh er
heimlich aus dem Tempel und flehte fußfällig den römischen
Feldherrn um Gnade an. Scipio zeigte den Treulosen der
verlassenen Schar, welche, nach Ausstoßung fürchterlicher Schmä¬
hungen gegen den Despoten, den Tempel in Brand steckte.
Als Hasdrubals Gattin die Flamme erblickte, trat sie mit ihren
beiden Kindern an die Zinne des Tempels, spottete mit bitterem
Hohn ihres verräterischen Gatten, tötete darauf die Knaben
und stürzte sich mit ihnen in die lodernde Glut.
Bei dem erschütternden Anblick der teils noch brennenden,
teils in Trümmern und Schutthaufen vor ihm liegenden Stadt
entströmten Thränen des Mitleids und jener heiligen Wehmut,
die jedes bessere Gemüt bei solcher Gelegenheit bewegt, den
Augen des römischen Feldherrn, und der Vergänglichkeit aller
irdischen Macht und Hoheit gedenkend sprach er, den sinnenden
Blick starr vor sich hingewandt: „Einst wird kommen der Tag,
da die heilige Jlios hinsinkt, Priamos selbst und das Volk des
lanzenknndigen Königs." Polybius, sein Freund, der, neben