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straßen ermöglichen nicht nur eine viel billigere Beförderung der Güter, sondern
sollen jetzt auch dazu dienen, die Eisenbahnen, deren Verkehr auf einzelnen
Strecken ins Ungeheuere gestiegen ist, zu entlasten. Die Gesamtlänge der deutschen
Kanäle beträgt jetzt etwa 2500 km. Freilich sind darunter manche, die wegen
geringer Tiefe den heutigen Anforderungen des Verkehrs nicht mehr entsprechen
und darum an Bedeutung verloren haben. Während z. B. beim Bau des
Ludwigs-Kauals eine Tragfähigkeit der Schiffe von 127 t vorgesehen war, rechnet
man bei den neueren Anlagen mit einer solchen von 600—750 t.
Die wichtigsten der älteren Kanäle sind folgende: Im Rheingebiet verbindet der
Rhein-Rhone-Kanal Straßburg mit Lyon, der Rhein-Marne-Kanal Straßburg
mit Paris, der Ludwigs-Kanal den Main mit der Donau (Bamberg—Regensburg).
Zahlreicher sind die künstlichen Wasserstraßen im Gebiete der Elbe und Oder: Der
Rhin- und Rnppiner Kanal führen von der untern zur oberu Havel, der Finow-
Kanal von der Havel zur Oder, der Plaueusche Kanal von der Elbe zur Havel, der
Friedrich-Wilhelms-Kanal von der Spree zur Oder, der Klodnitz-Kanal von
der Oder zum oberschlesischeu Jndustriebezirk, der Bromberger Kanal von der Netze
zur Brahe. In Ostpreußen verbindet der Elbing-Oberländische Kanal die Seen-
platte mit der Küste (Elbing), der Große Friedrichsgrabeu die Deime mit der
Memel, der König Wilhelms-Kanal die Memel mit dem Memeler Tief. Zu diesen
Kanälen sind dann in den letzten beiden Jahrzehnten als bedeutend leistungsfähigere
Wasserstraßen hinzugekommen: Der Elbe-Trave-Kanal von Lübeck zur Elbe (1890),
der Oder-Spree-Kanal (1891), der Kaiser Wilhelm-Kanal (1895) und der
Dortmnnd-Ems-Kanal (1899).
Einen großen Fortschritt im Ausbau unseres Wasserstraßennetzes bedeutet die 1905
vom preußischen Landtage angenommene Kanalvorlage, über welche die Karte auf S. 263
Aufschluß gibt. Die Vorlage umfaßt vier Gebiete, eins im Westen und drei im Osten.
Das größte Interesse beansprucht der Rhein-Leine-Kanal, der mit seinem ö. Teile
bei Bevergen von dem Dortmnnd-Ems-Kanal abzweigt, bei Minden die Weser schneidet
und bei Hannover oder Wülfel in die Leine übergeführt wird. Die Verbindung mit dem
Rheine erfolgt zwischen Ruhrort und Herne, wo ein Arm des Dortmund-Ems-Kanals
endet. Abzweigungen des Kanals führen nach Hamm, bis wohin die Lippe kanalisiert
wird, und nach Osnabrück. Im Anschluß an den Kanalbau soll zugleich der Lauf der
Weser von der Porta bis nach Bremen durch Regulierung und teilweise Kanalisierung zu
einer für größere Schiffe brauchbaren Wasserstraße umgestaltet werden. Ein zweiter großer
Kanal wird von Berlin nach Hohensaathen a. d. Oder geführt. In Verbindung
damit erfolgt eine Kanalisierung dieses Flusses bis nach Stettin, so daß fernerhin See-
schiffe bis nach Berlin gelangen können. Im O. kommt dazu die Herstellung einer guten
Oder-Weichsel-Wasserstraße durch umfassende Regulierung der Warthe, der Netze und
des Bromberger Kanals. Außerdem hat die Vorlage noch die Verbesserung einer Reihe
andrer schon bestehender Wasserstraßen vorgesehen: die Kanalisierung der Oder von
Breslau bis zur Neißemündung, den Ausbau des Oder-Spree-Kauals und die Regulierung
der Havel von Spandau bis zur Mündung bei Havelberg und der verzweigten Flußläufe
der Oberspree. Die Kosten der beschlossenen Kanalbauteu belaufen sich auf 334557000^.
Davon kommen auf den Rhein-Leine-Kanal mit seinen Anschlüssen 2503/i Mill. J<s, den
Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin 43 Mill. J6, die Verbesserung der Wasserstraßen zwischen
Oder und Weichsel 21175000 J6 und die Kanalisierung der oberen Oder 19650000 Ji.